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17. Dez 2019

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Gesellschaft

PKV-Versicherte müssen überteuerte Tarife nicht hinnehmen

Journalist: Katja Deutsch

Über die Herausforderungen beim Tarifwechsel

Bei vielen Privatversicherten erhöht sich ihr Beitrag exorbitant, je älter sie werden und je länger sie einzahlen - ganz unabhängig davon, ob sie hohe ärztliche Kosten verursachen oder nicht. Das liegt daran, dass sich der bestehende Tarifvertrag in der Privaten Krankenversicherung weder nach den versicherten Tarifleistungen noch nach der Höhe der abgerechneten Behandlungskosten bemisst. Als Berechnungsgrundlage dienen ausschließlich die tatsächlich angefallenen Krankheitskosten der gesamten Versichertengemeinschaft des jeweiligen Tarifes. Und diese steigen seit längerem durchschnittlich um jährlich drei bis vier Prozent, denn unsere Gesellschaft wird im Durchschnitt immer älter und erwartet gleichzeitig eine immer besser werdende medizinische Versorgung für immer mehr Menschen. Hinzu kommt eine seit über zehn Jahren anhaltende Niedrigzinsphase, die zusätzlichen Druck auf die Beiträge bringt, weil die Alterungsrückstellungen nicht mehr so gut verzinst werden können.

„Doch die Annahme, dass die Beitragserhöhungen von Anfang an so angelegt waren, ist falsch“, sagt Nicola Ferrarese, Geschäftsführer der Minerva Kundenrechte. „Genauso wenig sitzen Privatversicherte in der Falle – sie können sich wehren.“ Mit seinem Unternehmen hat er sich darauf spezialisiert, Privatversicherten innerhalb ihrer eigenen Krankenkasse aus überteuerten Tarifen zu helfen, und zwar ohne dabei Leistungen aufzugeben. Das lohnt sich besonders für ältere Privatversicherte, die dadurch viel Geld sparen können. Denn wer bereits älter als 55 Jahre ist, kann auch nicht mehr beispielsweise durch Einkommenssenkung infolge von Altersteilzeit in die Gesetzliche Krankenversicherung wechseln und bleibt somit lebenslang privatversichert.

Nicola Ferrarese, Geschäftsführer der Minerva Kundenrechte, Foto: Pressefoto

Älteren Privatversicherten ist auch dringend davon abzuraten, infolge der massiven Beitragserhöhungen überhastet den Versicherer zu wechseln. Denn hier ergeben sich zwei Probleme: Zum einen würden bei einem Wechsel zu einer anderen Versicherung die bisher erreichten Alterungsrückstellungen komplett verloren gehen, wenn der Vertrag beim bisherigen Versicherer gekündigt wird. Das wäre zum Beispiel bei allen Verträgen, die vor 2009 geschlossen wurden, der Fall.

Zudem reißen sich Unternehmen nicht gerade darum, ältere Versicherte neu aufzunehmen, da diese in der Regel an Vorerkrankungen leiden. Manchmal raten Versicherungsvermittler dazu, diese Vorerkrankungen unter den Teppich zu kehren, doch auch das sei nicht empfehlenswert: diese Anzeigepflichtverletzung könne zu möglichen teuren Risikozuschlägen oder gar Vertragsrücktritt von Seiten des Versicherers führen.

Unternehmen wie Minerva KundenRechte GmbH, Expertennetzwerk24 oder widge.de beraten Privatversicherte beim Tarifwechsel innerhalb des eigenen Krankenversicherers, denn das ist gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. „Manche Versicherungen haben zwanzig verschiedene Tarife, andere über 100“, sagt Nicola Ferrarese.

Dabei entwickelt sich jeder Tarif in seiner Beitragsstruktur anders. Der Beitragsverlauf der einzelnen Tarife ist so unterschiedlich wie ihre Risikostruktur, einige verteuern sich recht stark, andere bleiben günstig. Im Jahr 1994 hat dann der Gesetzgeber die Rechte gerade der älteren PKV-Kunden gestärkt und mit § 204 Versicherungsvertragsgesetz verfügt, dass der Bestandskunde den Wechsel in jeden anderen Tarif seines Versicherers verlangen darf, gerade um starke Beitragserhöhungen abzuwenden. Der Kunde kann aus seinem überteuerten Tarif in einen günstigeren Tarif wechseln. Wenn man es richtig anstellt, ist beides möglich – günstigere Konditionen und bessere Leistungen.

Per Gesetz sind Versicherungen dazu verpflichtet, Kunden ab dem 60. Lebensjahr auf günstigere Alternativen innerhalb ihres Angebotes hinzuweisen. Dabei ist jedoch nicht gesagt, dass die genannten Tarife gleichwertige Leistungen enthalten und dabei zu den günstigen Tarifen des Versicherers gehören. Da Unternehmen an Wechselambitionen ihrer Kunden wenig Interesse haben, werden von den vielen bestehenden Tarifen in der Regel nur drei bis fünf Alternativen genannt, darunter immer die beiden sogenannten Sozialtarife der PKV: Standardtarif und Basistarif. Die Sozialtarife, vor allem der Basistarif, sollten von langjährigen Kunden auf jeden Fall gemieden werden.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.