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23. Jul 2019

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Gesellschaft

Problemfelder, Fortschritte und Herausforderungen

Journalist: Alicia Steinbrück

Interview mit Shahin Farahzadi, BIM-Manager und Standortleiter Köln formitas AG    

Shahin Farahzadi, BIM-Manager und Standortleiter Köln formitas AG, Foto: Presse    

Was ist das größte Missverständnis in Bezug auf Building Information Modeling? 

Eines der größten Missverständnisse ist die Vermutung, dass die Planer durch die Nutzung von BIM in ihren Projekten im Gegensatz zur klassischen CAD-Planung großen Mehraufwand haben. Die Frage nach dem Aufwand muss man jedoch sehr differenziert betrachten: Durch die reine Nutzung von BIM-Programmen wie Revit oder ArchiCAD entstehen keine Mehraufwände, im Gegenteil. Wenn das Planerteam den grundlegenden Umgang mit der Software beherrscht, werden Arbeitsprozesse effizienter. Das Bereinigen unzähliger CAD-Dateien wie Grundriss, Ansichten oder Schnitte schon bei kleinen Änderungen des Gebäudes, wird dem Planer abgenommen. So werden Ressourcen frei, z. B. um die Qualität des Entwurfs zu optimieren – und somit bleibt mehr Zeit, wieder Planer zu sein und sich den wichtigen Themen beim Entwerfen und Planen zu widmen.

Ein weiteres, nennen wir es Missverständnis, ist die Anwendung der einzelnen Dimensionen wie Kosten- und Massenermittlung. Auch mit BIM können wir diese nicht direkt und ohne Aufwand per Knopfdruck erzeugen. Aber indem Bauherren schon in ihren Ausschreibungen eine gute Datengrundlage vorsehen und wir als BIM-Manager eine gute BIM-Planung erstellen, sorgen wir dafür, dass wir dem Knopfdruck näherkommen. Nutzer sollten sich hierfür müssen Standards aufbauen und sich bei der Erstellung des Gebäudemodells an diesen Standards orientieren. Dann schaffen wir gemeinsam nach ein bis zwei Projekten eine fast 100-prozentige Automatisierung der Kosten- und Massenermittlung.

Welche Technologie sehnen Sie herbei? Was würde Ihr Leben als BIM-Manager deutlich einfacher machen? 

Die vielversprechendste Errungenschaft im Bereich Building Information Modeling ist meiner Meinung nach die Möglichkeit, BIM mit Hilfe von Augmented Reality auf die Baustelle zu bringen. Solche Anwendungen erhöhen die Planungssicherheit und Fehler werden frühzeitig – das setzt genau dort an, wo im Bauprozess die größten Kosten entstehen.

Welchen Hindernissen begegnen Sie bei der Einführung von BIM?

Ein Faktor ist sicherlich die Baubranche selbst. Sie ist eher konservativ, denn es geht oft um Verantwortung und Haftung. Neuerungen haben es da naturgemäß immer etwas schwerer. Das Bauplanungsgeschäft ist komplex und lässt sich nicht wie ein Massenprodukt, etwa ein Auto, handhaben bzw. exportieren. Zwar gibt es mittlerweile auch Architekturen von der Stange, aber die Regel ist das nicht. Was viele Bauherren und Planer erstmal abschreckt, sind der hohe Zeitaufwand bei der Einarbeitung der Belegschaft und bei der Koordination der Fachplaner im laufenden Prozess. Ebenfalls befürchten sie hohe Implementierungskosten und auch, dass sie kein geeignetes Personal finden.

Können Sie die Vorteile von BIM in Bezug auf Kosten, Zeit und Qualität denn quantifizieren, um Skeptiker zu überzeugen?

Die Qualitätssteigerung ist evident, denn die Planungssituation lässt sich schnell erfassen und eventuelle Fehler werden sichtbar und können behoben werden. Zum Stichwort Zeit: Auf das gesamte Projekt gesehen, verschlingt der herkömmliche 2D-CAD-Arbeitsprozess am meisten Zeit während der Projektdokumentation und weniger bei der Konstruktionsphase. 

Beim BIM-Verfahren hingegen verschiebt sich der Aufwand in den Planungsprozess und schmilzt in der Dokumentation erheblich zusammen. In einer idealtypischen Annahme spart BIM dabei rund 30 Prozent der Zeit ein.

Ganz wichtig bei dieser Zeitbetrachtung ist jedoch der Einsatz von Projektvorlagen, denn bezogen auf herkömmlichen CAD-Einsatz mit 100 Prozent, spart BIM mit Vorlagen 50 Prozent der Gesamtzeit ein, ohne Vorlagen aber nur 10 Prozent. Die Erstellung der entsprechenden Vorlagen nimmt im statistischen Mittel rund 33 Prozent der Projekt-Bearbeitungszeit ein. Die Vorlagen sollten also sehr genau sein und so oft wie möglich genutzt werden, damit bei Folgeprojekten dieser Zeitaufwand entfallen kann. Die Kosteneffizienz ist stark optimiert, denn es wird ja zuerst digital und anschließend real gebaut; also gibt es idealerweise keine Überraschungen mehr, keine Planungsfehler, keine Nachträge.  

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.