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12. Nov 2021

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Gesellschaft

Renten im Stresstest, Ampel im Stresstest

Journalist: Prof. Dr. Michael Heuser

Das magische Viereck der gesetzlichen Rentenversicherung – die Kombination aus Rentenalter, Rentenhöhe, Beitragssatz und Bundeszuschüssen – steht unter Druck. Die demografische Entwicklung – mehr Rentner:innen, weniger Beitragszahlende – wird das System in den nächsten Jahrzehnten einem massiven Stresstest aussetzen. Expertinnen und Experten warnen vor schmerzlichen Einschnitten an allen vier Ecken. Heißt: länger arbeiten, weniger Rente, höhere Beiträge, noch mehr Steuerzuschüsse. 

Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) erhebt in einer repräsentativen Umfrage regelmäßig das Meinungsklima zur Altersvorsorge. In der aktuellen Befragung meinen fast 60 Prozent: Das gesetzliche Versorgungsniveau wird sich verschlechtern.

Das ist mit Blick auf die gesetzliche Rente nachvollziehbar. Und zeichnet doch ein schiefes Gesamtbild der Alterssicherung. Stichworte: Drei-Säulen-System, Erbengeneration, moderne Aktienkultur. Gesetzliche Alterseinkünfte werden oft ergänzt durch Betriebsrenten, private Renten, Mieteinkünfte, Dividenden, Schenkungen, Erbschaften – Tendenz steigend. 

Zugleich zeigt sich eine „neue Lust auf Börse“, wenn laut DIVA- Befragungen fast die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger aktienbasierte Anlageformen für attraktiv hält. Mehr als jede:r Dritte will sich stärker an der Börse engagieren! Je wichtiger die Säule „private Altersvorsorge“, desto relevanter ist dieser Trend: Schon eine mäßige Inflation von 2,5 % halbiert in 30 Jahren die Kaufkraft eines Nullzins-Sparbuchs. Aus 1.000 € heute werden dann 468 €. Ein guter Aktienfonds mit einer Realrendite von 4,5 % hingegen lässt die Kaufkraft von 1.000 € auf 3.745 € anwachsen.

Was plant die Ampel-Koalition, um das demografische Rentenproblem zu entschärfen? Im Sondierungspapier heißt es: „Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.“ Zudem soll der Rentenbeitragssatz „stabilisiert“ werden. Verbleiben rasant steigende Bundeszuschüsse als Ventil. Zulasten der Schuldenbremse? Zum Stresstest der Rentenversicherung schafft sich eine Ampel-Regierung einen Stresstest ihres Bündnisses.

Neben der gesetzlichen Rente erklären die Sondierer auch die private Altersvorsorge für „wichtig für ein gutes Leben im Alter“. Und trauen den Menschen wenig zu. Statt zu Eigenverantwortung zu ermuntern, wollen sie einen öffentlich verantworteten Fonds mit Zwangs-Beiträgen der Bürgerinnen und Bürger. Im Übrigen antworten die Menschen dem DIVA zu solchen Staatsfonds regelmäßig: Das kann der Staat nicht, davon versteht er nichts. 

Immerhin lässt das Sondierungspapier die Hintertür einer „Abwahlmöglichkeit“ offen. Statt in die obligatorische Standardlösung einzuzahlen, könnten dann Altersvorsorge-Sparenden stärker eigene Schwerpunkte setzen, etwa Branchen auswählen oder ausschließen, Nachhaltigkeit fördern. 

DIVA-Umfragen zeigen: Die Menschen wollen die freie Wahl. Sie ist Ausdruck der finanziellen Souveränität der Bürgerinnen und Bürger. Und sie ist wichtig für eine moderne Aktienkultur in Deutschland.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.