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25. Mai 2022

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Gesellschaft

Selbst der Mittelstand kann zerbrechen, wenn die Last zu groß wird

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Annemarie Thiede, unsplash

Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), spricht über die existenzbedrohenden Herausforderungen des Deutschen Mittelstands.

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Wie unterscheiden sich die aktuellen Probleme von denen während der Pandemie?

Durch den Neustart der Weltwirtschaft nach dem Höhepunkt der Pandemie in den Industriestaaten ist die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen und Vorprodukten rasch gestiegen, gleichzeitig sind die globalen Lieferketten weiter gestört. Das führt zu

zu stark ansteigenden Preisen und eingeschränkten Verfügbarkeiten essenzieller Rohstoffe und Vorprodukte. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat diese Situation weiter verschärft und auf die Lebensmittelbrache ausgedehnt. Hinzu kommt noch die Energiepreisexplosion. 

Störungen der Lieferketten haben spürbar Auswirkungen auf die Produktion, auch wenn das benötigte Material nicht aus der Ukraine stammt. Aus welcher Richtung bzw. welcher Region verlaufen die wichtigsten Lieferketten?

Ein Großteil der importierten Waren kommt weiter aus den Partnerländern der Europäischen Union. Wichtigster Handelspartner bei den Importen ist aber China – wo sich die aktuellen Verwerfungen in den Lieferketten durch den permanenten Lockdown am deutlichsten bemerkbar machen, siehe die wartenden Schiffe vor Shanghai. 

Welche Dinge spürt der Mittelstand besonders schmerzhaft?

Auf der ganzen Welt stocken die Abwicklung und der Transport von Gütern. Das macht sich in unseren Betrieben bemerkbar, denn fehlt nur ein Teil eines Vorproduktes kann das Gesamtprodukt weder fertiggestellt noch verkauft werden. Diese Materialengpässe betreffen alle Ebenen, von Baumaterialien bis hin zu elektronischen Bauteilen. Auch die enorm gestiegenen Energiekosten für Rohstoffe und Vorprodukte sind problematisch.

Zudem droht bei den Spediteuren zwar nicht mehr ein stillgelegter Fuhrpark mangels AdBlue-Verfügbarkeit, doch der Preis hat sich gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.

Aufträge können aufgrund der Lieferausfälle oder -verzögerungen nicht nur sehr viel länger nicht bearbeitet werden, auch die Kalkulation ist beinahe unmöglich. Wie sollen Angebote kalkuliert werden, um das Risiko irgendwie abzusichern?

Das ist in der Tat eine unglaubliche Schwierigkeit. Die Unternehmen ergreifen unterschiedliche Maßnahmen: Eine Möglichkeit sind Preisgleitklauseln, mit denen sich der Lieferant das Recht vorbehält, bei Erhöhung seiner Selbstkosten den Preis einer Ware anzupassen. Eine andere Möglichkeit sind verkürzte Angebotsfristen, so gelten die Preise nur für eine Woche. Doch dadurch schwindet das Vertrauen zwischen Marktakteuren und die Investitionsneigung lässt nach.

Was können Unternehmer tun, um ihre bewährten Zulieferer (in der Ukraine) weiterhin zu unterstützen?

Viele mittelständische Unternehmen versuchen ihre ukrainischen Lieferanten so gut wie möglich zu unterstützen. Aber einen Plan B wird es nicht geben. Die Suche nach neuen Bezugsquellen hat – verständlicherweise – auf allen Ebenen längst begonnen. Gerade für KMUs sind derzeit Kreativität und Ideenreichtum gefragt. Die Diversifikation von Absatz- und Beschaffungsmärkten ist überlebenswichtig. Dabei sind Kostenerwägungen und der Aspekt der Verlässlichkeit zentrale Argumente.

Könnte das aktuelle Schreckensszenario dazu führen, dass zukünftig wieder viel mehr im eigenen Land produziert wird?

Es gibt schon länger Bestrebungen, kritische Produktion wieder vermehrt in Europa und auch in Deutschland anzusiedeln, besonders im Falle der Batteriespeicher und Halbleiterindustrie. Ziel des „European Chips Act ist es, die Selbstversorgung Europas mit Halbleitern bis 2030 von 10 auf 20 Prozent zu steigern, gewünscht ist auch die innereuropäische Produktion von Photovoltaik-Modulen.

Wir werden die gegenwärtigen Störungen in den globalen Lieferketten jedoch nicht durch ein „Decoupling“ von den Weltmärkten überwinden und auch in Zukunft nicht alles in Deutschland produzieren können. Das vermeintliche Heilmittel Autarkie würde uns im günstigsten Fall Wohlstand kosten, im schlimmsten Fall könnte es zu Handelskriegen führen.

Wie kann man die explodierenden Energiekosten abfangen?

Diese sind für viele Unternehmen gerade aus dem produzierenden Gewerbe eine immer stärkere Kostenbelastung, denn diese Mehrkosten können nur sehr bedingt an die Kunden weitergegeben werden. Die Politik hat einige Entlastungen wie die Abschaffung der EEG-Umlage geschaffen, was aber bei weitem nicht ausreicht.

Die Unternehmen könnten versuchen, in Anlagen zur Eigenstromversorgung zu investieren, insbesondere Photovoltaik und Batteriespeicher. Doch auch hier zeigen sich Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten.

Noch bedrohlicher wirkt das Szenario eines Komplettausfalls von russischem Gas und Öl. Wie schätzen Sie dieses Risiko ein? 

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten schon viel erreicht, um die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren. Hierfür spreche ich insbesondere Minister Habeck meinen Dank aus. Bei der russischen Kohle wurde bereits ein Embargo beschlossen und auch beim Öl wäre ein Stopp der Einfuhren mittlerweile zu verkraften. Im Falle eines Öl-Embargos muss die Bundesregierung die Versorgung im Nordosten Deutschlands sichern, denn diese Region bezieht nahezu ausschließlich Heizöl und Treibstoff aus Russland. Versorgungsengpässe hätten hier katastrophale Folgen auch für die mittelständische Wirtschaft.

Die Politik sollte in einem solchen Extremfall wie Auktionen für Gasverbrauchsrechte so klug sein, eine bedarfsorientierte und an die konkrete Situation angepasste Entscheidung zu treffen. Der Mittelstand ist bekanntermaßen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Aber auch der kräftigste Rücken bricht, wenn die Lasten zu groß werden.

31. Dez 2024

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Lifestyle

Vier Bau- und Konsumgüter-Messen im Fokus

**Zukunft des Bauens: Die BAU 2025** Klimagerechtes Bauen ist das Leitthema der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme. Klimawandel und Ressourceneffizienz stellen auch die Bauwirtschaft vor große Herausforderungen. Neben umweltverträglichen und recyclingfähigen Baumaterialien gilt es gesamte Prozesse des Planens und Bauens ganzheitlich neu zu denken, um negative Umweltauswirkungen möglichst gering zu halten und Lösungswege für mehr Klimaresilienz aufzuzeigen – bei gleichzeitiger Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit. Beim internationalen Treffpunkt für Gebäudeplaner, -bauer, -gestalter und -betreiber BAU 2025 vom 13. bis 17. Januar in München dreht sich alles um das Thema klimagerechtes Bauen: Welche Prozesse braucht es, um Nachhaltigkeit in der Stadt- und Raumplanung wirtschaftlich tragbar umzusetzen? Was bedeutet klimagerechtes Bauen konkret und wie sieht eine klimaresistente Quartiersentwicklung aus? Welche Möglichkeiten bieten intelligente Gebäudemanagementsysteme zur Optimierung des Energieverbrauchs? Dies sind nur einige der Fragestellungen und komplexen Themenbereiche, die die BAU als Plattform bietet, um Austausch und Zusammenarbeit aller Beteiligten der Branche zu fördern und mögliche bautechnische Lösungswege aufzuzeigen. Unter anderem durch überzeugende Best Practices und Produkt- und Systeminnovationen, die auch digitale Tools und gänzlich neue Geschäftsmodelle umfassen. Auf der alle zwei Jahre stattfindenden Messe präsentieren sich sowohl die Marktführer der Branchen als auch innovative Newcomer mit ihren Produkten und Dienstleistungen. Von Architekten, Planern und Handwerkern bis hin zu Investoren und Industrie- und Handelsvertreter kommen auf der BAU alle zusammen, die am Planen, Bauen und Gestalten von Gebäuden beteiligt sind. **Nordwestens Baufachausstellung hanseBAU** Vom 6. bis 9. März 2025 trifft sich die Baubranche in Dresden. Auf der Baumesse HAUS werden über 400 nationale und internationale Aussteller aus den Bereichen Bau, Baustoffe und -elemente, Handwerk, Gebäudetechnik und Immobilien erwartet. Bauunternehmen, Handwerker, Architekten, Planer, Ingenieure und private Bauherren und -interessierte können sich an vier Messetagen auf dem Dresdner Messegelände umfassend über das aktuelle Angebot in allen Bereichen des Planens, Bauens und Sanierens informieren. Ein umfangreiches Vortagsprogramm bietet zudem Impulse zu den vielfältigsten Themengebieten vom ökologischen Bauen, moderner Heiztechnik und Energieeffizienz bei Neubau und Sanierung bis hin zu Baurecht und der Förderung und Finanzierung des Wohnungsbaus in Sachsen. Seit über 30 Jahren steht die HAUS als Beginn der Bausaison fix im Terminkalender der Baubranche Sachsens, laut Veranstalter die stärkste Bauregion Ostdeutschlands. 2024 verzeichnete die Messe über 20.000 Besucher. **Baumesse HAUS in Dresden** Vom 6. bis 9. März 2025 trifft sich die Baubranche in Dresden. Auf der Baumesse HAUS werden über 400 nationale und internationale Aussteller aus den Bereichen Bau, Baustoffe und -elemente, Handwerk, Gebäudetechnik und Immobilien erwartet. Bauunternehmen, Handwerker, Architekten, Planer, Ingenieure und private Bauherren und -interessierte können sich an vier Messetagen auf dem Dresdner Messegelände umfassend über das aktuelle Angebot in allen Bereichen des Planens, Bauens und Sanierens informieren. Ein umfangreiches Vortagsprogramm bietet zudem Impulse zu den vielfältigsten Themengebieten vom ökologischen Bauen, moderner Heiztechnik und Energieeffizienz bei Neubau und Sanierung bis hin zu Baurecht und der Förderung und Finanzierung des Wohnungsbaus in Sachsen. Seit über 30 Jahren steht die HAUS als Beginn der Bausaison fix im Terminkalender der Baubranche Sachsens, laut Veranstalter die stärkste Bauregion Ostdeutschlands. 2024 verzeichnete die Messe über 20.000 Besucher. **Ambiente Frankfurt** Zum Jahresbeginn wird Frankfurt zum Trend-Hotspot und globalen Bühne der Konsumgüterbranche. Mit den Bereichen Dining, Living, Giving und Working spiegelt die führende Messe der Konsumgüterbranche Ambiente vom 7. bis 11. Februar die aktuellen Entwicklungen und Trends von morgen im Konsumgütermarkt wider. Das Fachpublikum aus Händlern, Einkäufern, Interiordesignern und Architekten kann sich auf vielfältige Impulse in vier Produktgruppen freuen: Ambiente Dining zeigt über sechzehn Hallenebenen die Dining-Trends von morgen; Ambiente Living bietet rund ums Wohnen, Einrichten und Dekorieren inspirierende Konzepte und Einrichtungsideen für jedes Interior-Konzept. Ambiente Giving feiert die Vielfalt des Schenkens und gibt von Geschenkartikeln bis hin zu dekorativen Accessoires eine Antwort auf die Giving-Trends der Zukunft. Der noch junge Bereich Ambiente Working thematisiert die Verbindung einer zusammenwachsenden hybriden Arbeitswelt aus Home und Office, Lifestyle und Workstyle und stellt neben Bürobedarf und Schreibwaren das internationale Angebot an Office Design und modernen Work Spaces vor. Begleitende Impulsvorträge informieren über die Trends und aktuelle Entwicklungen rund um den Arbeitsplatz der Zukunft. „Future of Work“ ist nur eines der Metathemen, die die Ambiente 2025 neben Lifestyle und Design aufgreift. Auch die Themen Nachhaltigkeit, Future Retail und Digital Expansion of Trade werden im Rahmen der „Academies der Ambiente“ fokussiert. Die zum Teil online stattfindende Veranstaltungsreihe bietet allen Fachbesuchern Business Insights, vermittelt wichtiges Branchenwissen und ermöglicht es, Praxistipps von namhaften Experten sowie neue Impulse für das eigene Business zu erhalten.

31. Dez 2024

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Gesellschaft

Heizkostenentwicklung und Vorteil Holzenergie

bne_Robert Busch Portrait online.jpg Robert Busch, Geschäftsführer beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne).

Wie haben sich die durchschnittlichen Heizkosten der letzten Jahre entwickelt? „Bei den Heizkosten waren seit 2022 erhebliche Schwankungen zu beobachten, insbesondere aufgrund der Energiekrise. Die Kosten für den Betrieb von Gasheizungen stiegen 2022 stark an, gingen 2023 und 2024 aber wieder deutlich zurück. Wärmepumpen verzeichneten 2022 ebenfalls einen starken Betriebskostenanstieg, 2023 und 2024 sanken diese aber wieder deutlich. Wärmepumpen wurden dadurch im Hinblick auf die Betriebskosten zu einer der günstigsten Heizoptionen. Im Gegensatz zu anderen Heizungsarten stiegen die Kosten für Fernwärme kontinuierlich an. Für 2024 zeichnet sich sogar ein starker Anstieg um 21Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab.“ Was ist für 2025 zu erwarten? Wie schätzen Sie die Entwicklung der Energiepreise ein? „Das Ganze ist extreme Glaskugel, wenn wir das wüssten, wären wir alle bald Millionäre. Insgesamt ist mit einem Anstieg der Heizkosten für fossil betriebene Heizungen, insbesondere Gasheizungen zu rechnen. Das ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: steigende CO2-Bepreisung sowie stark steigende Gasnetzentgelte durch eine sinkende Abnehmerzahl. Insofern rächt sich jetzt die Aufweichung des Gebäudeenergiegesetzes, das in seiner ursprünglichen Fassung den absehbar teuren Zubau solcher Heizungen gerade verhindern wollte. Die reinen Strompreise dürften durch den Zubau der Erneuerbaren eher sinken, während die Systemkosten steigen.“