Diesen Artikel teilen:

1. Okt 2021

|

Gesellschaft

„Technik ist kein Allheilmittel“

Journalist: Armin Fuhrer

Die Müllberge können nur durch Mehrwegverpackungen vermieden werden, aber wir alle müssen auch Verzicht üben, sagt der Schauspie-ler Hannes Jaenicke. 

Hannes Jaenicke, Autor, Schauspieler  und Umweltaktivist; Foto: Marco Justus Schöler

An die Zeit, als er anfing, sich für das Thema Umwelt zu interessieren, erinnert sich Hannes Jaenicke noch genau. „Ich habe als Jugendlicher in den Siebzigerjahren in der Zeitung einen Artikel über die Greenpeace-Proteste gegen den japanischen Walfang gelesen, wurde Mitglied und habe den Newsletter bestellt“, sagt der heute 61-jährige Schauspieler (Der „Amsterdam-Krimi“). Was er darin lesen musste habe ihn zunehmend irritiert. „Ich schaue seit 45 Jahren fassungslos zu, was der Mensch mit der Umwelt macht“, sagt Jaenicke. Nur Zuschauen ist aber nicht seine Sache und so engagiert er sich seit Jahrzehnten für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, dreht Umwelt-Dokus und hat mehrere Bücher dazu verfasst.

Jaenicke ist der Ansicht: Ohne Verzicht kann der Planet nicht gerettet werden. Das gilt auch für das Thema Plastikverpackungen. „Plastik besteht aus Öl, und das ist einer der fossilen Energieträger, der die Klimakrise verschärft“, sagt er. Daher begrüßt er das Verbot von Plastikverpackungen in der Gastronomie, das Anfang Juli in Kraft trat, betont aber auch, dass mit diesem Schritt nicht mal ein Prozent des Plastikmülls vermieden wird. „Dieses Verbot ist ein erster kleiner Schritt. Oder um Konfuzius zu zitieren: Eine Meile von 1.000 Meile beginnt mit einem Schritt. Und dieser kleine Schritt ist ein wichtiges Symbol dafür, dass Plastik eine Pest ist. Das Problem aber wird damit nicht gelöst.“

Die Lösung des Problems liegt für ihn in Mehrwegverpackungen. Einwegverpackungen sollten so hoch besteuert werden, dass sie sich für die Industrie nicht mehr lohnen würden. Seine Kritik richtet sich in diesem Zusammenhang an die Politik: „Das wäre leicht zu machen, aber die Politik setzt sich gegen die Öl- und Konsumgütermultis nicht durch. Das ist dramatisch, denn wir alle kennen die Bilder von Plastikbergen, ersticken-den Delfinen und Meeresschildkröten.“

Gefragt seien neben der Politik aber auch die Industrie und die Konsumenten. Der Markt alleine werde das Problem nicht lösen, glaubt er, denn die Verbraucher:innen würden durch milliardenschwere Werbekampagnen irregeleitet. „Es gibt aber auch vorbildliche Firmen, die ihre Verpackungen nur noch aus Altplastik herstellen, aber das ist bislang eine Minderheit von engagierten Mittelständlern, nicht die Großen.“ Auch neue Technologien würden dringend be-nötigt, um beispielsweise die Energieeffizienz zu steigern oder um Plastikmüll zu reduzieren. Doch Technik alleine helfe nicht weiter, sie sei kein Allheilmittel, wie das manche Politiker:innen propagierten. „Wie will man denn das geschmolzene Eis der Gletscher und Polkappen mit Technik wieder zurückgewinnen? Wenn man glaubt, man könne über Technologie die bereits entstandenen Umweltschäden beheben, ist das Science Fiction.“

Ohne Verzicht, so ist sich Hannes Jaenicke sicher, werde es nicht gehen und es müssten alle mitspielen: die Politik, die Industrie und die Konsument:innen. Und er ergänzt: „Ich verstehe auch nicht, was am Verzicht so schlimm sein soll. Wir könnten wie zum Beispiel bei Plastik-Trinkhalmen oder Plastiktüten auf so vieles verzichten, ohne dass unsere Lebensqualität eingeschränkt und wir wirklich etwas vermissen würden.“

30. Apr 2025

|

Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.