Ein Portrait von Ralf Käser

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26. Mär 2024

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Business

«Unternehmen benötigen mehr Mut» – Interview mit Ralf Käser

Journalist: Thomas Soltau

Ralf Käser ist Inhaber der Käser Management & Consulting Group GmbH, Fachdozent und Vorstand des Schweizer Mobilitätsverband sffv. Was der Mobilitätsexperte Unternehmen bei der Transformation ihres Fuhrparks rät, erklärt er in unserem Interview.

Sie haben sich kritisch zur geplanten All-in-One-App zur Bündelung aller Mobilitätsangebote von Zürich, Bern und Basel geäussert. Insbesondere in Bezug auf die hohe Investition von 18 Millionen an Steuergeld. Warum?

Es gibt ja bereits Angebote, die Multimodalität ermöglichen und vom Grossteil der Bevölkerung auch genutzt werden. Etwa Fairtiq, das den öffentlichen Verkehr wie Zug, Bus, Tram in der Schweiz bündelt. Dann gab es mal die SBB Yumuv, die aus Sparmassnahmen der SBB 2021 sang- und klanglos eingestellt wurde. Als Steuerzahler, aber auch als Unternehmer verstehe ich nicht, weshalb man nochmals eine App für Millionen von Steuergeldern aufsetzt. Es entsteht weder Innovation noch eine weitere Wertschöpfung aus dieser neuen App. Wir sollten sensitiv mit den Steuergeldern umgehen. Möglicherweise besitzen beteiligten Parteien nicht die erforderliche Transparenz, um zu erkennen, dass bestehende Ökosysteme genutzt werden könnten, ohne eine neue App zu entwickeln.

Die Mobilität durchläuft einen Transformationsprozess. Welche Auswirkungen hat das auf Unternehmen?

Auf kurze Sichtweise hat es für Schweizer Unternehmen, die weder konzernangebunden noch börsennotiert sind, geringe Auswirkung. Langfristig werden Unternehmen, die über die nächsten Jahre hinausblicken und die Mobilitätsbedürfnisse ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen, eine höhere Relevanz erlangen. Für Konzerne gibt es die Non-Financial Reporting Directive, die Unternehmen gemäss EU-Richtlinie ab 2026 erstellen müssen. Sie schreibt für Unternehmen vor, wie sie nicht-finanzielle Aspekte wie Nachhaltigkeit rapportieren müssen. Langfristig und im Sinne der Lieferkettennachweise ist die Transformation also elementar, weil rund 80 Prozent der Schweizer Produktion exportorientiert ist, somit auch für Schweizer Firmen zunehmend relevant.

Viele Unternehmen bieten den Mitarbeitenden als Benefit Firmenfahrzeuge an. Mobilitätsbudgets könnten eine alternative Lösung sein. Warum nutzen noch so wenige Firmen diese Chance?

Natürlich besteht die Notwendigkeit, dass Unternehmen mehr alternative Angebote wie Mobilitätsbudgets nutzen, um den sich wandelnden Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden gerecht zu werden. Und die Basis, also die Mitarbeitenden, werden durch ihren Druck den Mobilitätswandel forcieren. Nachkommende Generationen benötigen andere Benefits als einen Dienstwagen. Nun gibt es in der Schweiz weniger Grossstädte, wo man genau solche Budgets auch im Ökosystem nutzbar machen kann. Traditionelle Mobilitätskonzepte sind in der Schweiz noch stark verankert und regulatorische Hindernisse erschweren die Einführung neuer Modelle. Ich glaube, weshalb das zum Teil noch nicht so etabliert ist, hat in den Evolutionsstufen der Mobilitätskonzepte ihre Basis. Wir sind Weltmeister im Carsharing. Trotzdem werden Mobilitätsbudgets in der Schweiz noch nicht steuerlich so gefördert wie in Deutschland oder in Europa. Und das ist sicherlich ein Hindernis.

Als Experte für Flotten- und Mobilitätsmanagement haben Sie Weiterbildungsangebote im Bereich Elektromobilität entwickelt. Wie könnten Schulungen dazu beitragen, die Mobilitätsstrategie von Unternehmen zu verbessern – und welche Rolle spielen Elektrofahrzeuge dabei?

Schulungen im Bereich Elektromobilität können Unternehmen helfen, ihre Mobilitätsstrategien zu optimieren, indem sie den Mitarbeitenden das erforderliche Wissen und die Kompetenzen vermitteln, um Elektromobilität effektiv zu implementieren. Das umfasst Strategien zur Kostenanalyse, zur Infrastrukturplanung und zum Verständnis der regulatorischen Anforderungen.

Wie schaffen es Unternehmen, den Übergang zu elektrischer Mobilität erfolgreich zu gestalten?

Unternehmen sollten nicht isoliert handeln, sondern mit anderen Partnern und Experten zusammenarbeiten, um Best Practices auszutauschen und voneinander zu lernen. Sie sollten aktiv handeln, Fehler als Teil des Lernprozesses akzeptieren und bereit sein, ihre Strategien kontinuierlich anzupassen. Zudem müssten sie die Kostenanalyse als wichtigen Schritt betrachten, um das Einsparpotenzial und die Vorteile der Elektromobilität zu erkennen. Verantwortliche benötigen den Mut, Entscheidungen auch zu verwerfen und aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Nur wer sich bewegt und nicht verwaltet, der wird am Ende erfolgreich sein. Es ist wichtig, die Mobilität ganzheitlich zu betrachten. Das geht nur im Zusammenspiel mit anderen Experten.