23. Okt 2025
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Lifestyle
Journalist: Nadine Wagner
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Foto: Sascha Vojticsek
Maximilian Knabe aka. HandOfBlood über jahrzehntelange Stigmatisierung, Medienkompetenz und warum es heute wichtiger denn je ist, die Gaming-Kultur fair abzubilden.
2011 hast du deine YouTube-Karriere gestartet – fast ausschließlich mit Content zu League of Legends. Welche Skills oder Kompetenzen hast du durch das Spiel entwickelt? Durch kompetitive Strategie-Spiele wie LoL lernt man recht viel. Um hier erfolgreich zu sein, muss man effektiv im Team kommunizieren können – meist auch auf Englisch. Dazu gehören auch Stressresistenz und die Überwindung, negative Emotionen hinter sich zu lassen und produktiv weiter daran zu arbeiten, dass man besser wird. Man muss analytisch und kreativ mit Spielsituationen umgehen, aus erlebten Situationen direkt Schlüsse ziehen und für das nächste Spiel das Gelernte bereits wieder anwenden.
Deine zentrale These ist: „Vermittelt den Kids Medienkompetenz“. Wie kann das gelingen? Mit Videospielen ist es wie mit jedem anderen Hobby. Wenn eure Tochter Fußball spielt, dann besucht sie bei ihren Matches. Wenn sie sich für Videospiele begeistert, setzt euch neben sie und lasst sie die Faszination erklären. Hört zu, stellt Fragen und zeigt Interesse. Der Rest passiert von ganz allein.
Früher gab es bei dir entweder eine Stunde Zocken oder eine Stunde TV. Wie hast du gegenüber deinen Eltern argumentiert, dass Gaming nicht „Zeitverschwendung“ ist? Tatsächlich war das gar nicht so einfach. Unter der Woche war ich bei meiner Mutter und erlebte dort ein sehr strenges Regiment. Am Wochenende war ich dann oft bei meinem Vater und habe überkompensiert, indem ich stundenlang gezockt habe. Wenn ich nun zurückblicke, bin ich mir sicher, dass die extreme Kontrolle unter der Woche in jedem Fall nicht sinnvoll war. Wenn es verhindern sollte, dass ich „zu viel“ zocke, dann hat es gerade auf lange Sicht sicherlich nicht geklappt. Und wenn es davon ausging, dass Videospiele Zeitverschwendung wären, dann verkennt es, dass genau dieses Hobby nun mein Beruf ist, der mich sehr erfüllt und von dem ich sehr gut leben kann. Zugegeben: Damals war das nicht absehbar. Heute können Eltern auf ein besseres Verständnis zurückgreifen.
Man muss analytisch und kreativ mit Spielsituationen umgehen, aus erlebten Situationen direkt Schlüsse ziehen und für das nächste Spiel das Gelernte bereits wieder anwenden.
In deinem Reaction-Video zu „Gefangen im Netz“ kritisierst du die Darstellung von Gaming in klassischen Medien. Inwiefern tragen diese deiner Meinung nach Verantwortung für ein realistisches Bild der Gaming-Kultur? Das Video stammt aus vergangenen Tagen und genau aus dieser Zeit kommt auch die Art der Darstellung, die ich in der Reaction kritisiere. Damals hatten die Medien eine enorme Verantwortung, welche m. M. n. schon fast missbraucht wurde. Es gab ein klares Feindbild: Gesellschaftliche Probleme wie Amokläufe, Hyperaktivität oder schlechte schulische Leistungen wurden auf eine Jugend-Subkultur projiziert, die damals gar kein Sprachrohr hatte. Das Bild wurde von der Politik aufgegriffen und in den Medien weiter verstärkt. Über Jahrzehnte musste meine Generation mit viel Engagement daran arbeiten, dieses Image abzubauen. Trotzdem existiert in der Generation meiner Eltern bis heute eine gewisse Voreingenommenheit. Hieran sieht man deutlich, wie groß die Macht und damit auch die Verantwortung der klassischen Medien ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und ein realistisches Bild zu vermitteln.
Eine Umfrage des Branchenverbands game ergab: 79 Prozent der Befragten glauben, Games können Generationen verbinden. Teilst du diese Sicht? Absolut! So viele Menschen sind Gamer, ohne dass sie sich so betiteln würden. Ich finde es immer spannend, wenn ich Gäste in meinem Stream habe, die aus anderen Generationen kommen, sich dann aber für das, was wir auf Twitch machen, begeistern. Da spielte ich mit DJ Ötzi „Eldenring“ oder mit Michael „Bully“ Herbig „Paddle Paddle Paddle“. Nicht nur Generationen, sondern generell unterschiedlichste Gesellschaftsgruppen können hier verbunden werden – auch, weil Gaming von Natur aus sehr inklusiv gestaltet werden kann: Man benötigt ein Endgerät und vielleicht Internet, schon ist man am Start.
Welche Förderung wünschst du dir für die nächste Generation? Wenn ich eine Sache hervorheben darf, dann ist es wirklich die Gemeinnützigkeit des E-Sports. Es ist schwer nachvollziehbar, dass wir hier als Land nicht weiter sind. Die GroKo und auch die Ampel hatten dies bereits in ihren Koalitionsverträgen zugesagt und dann nicht geliefert. Ich bin enttäuscht von der Politik, die den inhaltlich längst abgestimmten Schritt nicht einfach umsetzt, nur weil es für sie keine Priorität ist, es für Regierungsparteien zum Poker-Chip für Machtspielchen genutzt wird oder einige Sportpolitiker nicht bereit sind, sich damit zu beschäftigen. Solange es gemeinnützigen Vereinen nicht ermöglicht wird, ein nachhaltiges und pädagogisch sinnvolles E-Sport-Angebot aufzustellen, sorgt man dafür, dass dieses Feld kommerziellen Trägern überlassen wird. Das kann doch wirklich niemand so wollen, dass die wirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland die jungen Generationen hier alleine bespielen, während die Vereine dies nicht tun dürfen. Selbst die Sport-Lobby, die natürlicherweise kein Interesse daran hat, potenziell Fördergelder mit Gamern teilen zu müssen, muss doch trotzdem wertetechnisch dahinterstehen, dass wir hier einen besseren Weg finden.
Nicht nur Generationen, sondern generell unterschiedlichste Gesellschaftsgruppen können hier verbunden werden – auch, weil Gaming von Natur aus sehr inklusiv gestaltet werden kann.
23. Okt 2025
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Lifestyle
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