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22. Jun 2023

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Gesellschaft

Warum wir nachhaltig bauen sollten

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: DGNB

Deutschland zahlt nur noch, wenn man bei Bauen auch auf „Nachhaltigkeit“ achtet? Bislang war das alles viel leichter. Um Gelder der Bundesförderung für effiziente Gebäude zu erhalten, musste man bisher „nur“ auf die Energieeffizienz achten.

Es reichte also, einen Energieeffizienzexperten zu Rate zu ziehen, der das Gebäude auf höchste Effizienz trimmt. Seit April letzten Jahres braucht man für eine relevante monetäre Förderquote das Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen des Bundes. Das bekommt man nur, wenn Nachhaltigkeitskriterien beim Bauen erfüllt werden. Da geht es um weit mehr, als um technische Anlagen und Dämmung. Darüber kann man sich natürlich aufregen. Oder aber, man freut sich, dass sich endlich etwas tut.

Ärgerlich ist diese Veränderung, wenn man ein paar Dinge ausblendet: Wir leben mitten im Klimawandel. Jede Dekade müssen die CO2-Emissionen halbiert werden, um das Leben auf dieser Erde erträglich zu halten. Der Bausektor ist einer der größten CO2-Emittenten. Diese entstehen auf der einen Seite durch Nutzung fossiler Energieträger für den Energieverbrauch. Auf der anderen Seite aber werden große Mengen CO2 ausgestoßen, wenn Bauwerke neu errichtet werden, durch die Herstellung, den Transport, den Austausch von Baumaterialien. Diese grauen Emissionen wurden in der Bundesförderung bisher komplett ausgeklammert, von der Regulatorik ganz zu schweigen.

Ausblenden muss man auch, dass der Bausektor gigantische Mengen an Ressourcen benötigt, die bei Erhalt eines gesunden Ökosystems gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Überhitzung unserer Städte zeigt, dass Flächenversiegelung keine gute Idee ist. Mit jedem Neubau wird weiter Fläche versiegelt. Auch das und der damit einhergehende Verlust der Artenvielfalt muss ausgeblendet werden, wenn man sich über Nachhaltigkeit aufregen möchte. Wer in einem Gebäude leben möchte, dass keine Gefahr für Allergiker und Kinder darstellt, kommt an einer differenzierten Wahl von Baumaterialien nicht vorbei. Viele Schad- und Risikostoffe sind auf dem Markt zugelassen. Auch diese Sorgfalt ist Teil des nachhaltigen Bauens.

Vielleicht ahnen Sie es schon. Das nachhaltige Bauen wurde gar nicht erfunden, um Bauherren und Investoren zu ärgern. Vielmehr stellt es eine notwendige Herangehensweise dar, die unsere Erde lebenswert macht und die uns lehrt, was durch das „schneller, höher, weiter“ der Baumoderne verloren gegangen ist: der kultur- und klimasensible, nutzerbezogene Bau, der im Einklang mit Menschen und Umwelt steht. Denn wer mit der Natur leben möchte, kann sie nicht zugleich ausbeuten – etwa durch die Wahl der Baustoffe. Wer das begreift, kann sich mit Freude auf das nächste Bauprojekt stürzen.

„Es wird vielerorts unterschätzt, dass das Bauen im Bestand das wohl größte Potenzial für den Klimaschutz darstellt. Sämtliche graue Emissionen sind hier bereits emittiert.“

Dann werden vielleicht auch die Augen geöffnet für all die Gebäude, die bereits da sind. Wer das begreift, kann sich mit Freude auf das nächste Bauprojekt stürzen. Vielleicht steht ja ein sanierungsbedürftiger Altbau zur Verfügung, dem neues Leben eingehaucht werden kann. Es wird vielerorts unterschätzt, dass das Bauen im Bestand das wohl größte Potenzial für den Klimaschutz darstellt. Sämtliche graue Emissionen sind hier bereits emittiert. Lediglich die Renovierungsarbeit verursacht weitere Klimagase, die in der Regel bei weitem geringer sind, als bei einem Neubau. Zudem sind Bestandsbauten mit schlechten Energiewerten für den größten Teil der energiebezogenen CO2-Emissionen im Bauen verantwortlich. Wird hier ein klimapositiver Betrieb angestrebt, ist gleich doppelt sinnvoll investiert.

Damit das nachhaltige Bauen nicht bloß ein Bauchgefühl ist, dass sich mal im Holzbau, mal in der grünen Fassade äußert, sondern nachweislich zu einer positiven Umwelt führt, wurde die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen gegründet. Der Verein vereint heute mehr als 2.200 Mitgliedsorganisationen, ist Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Bauen, bildet Experten des nachhaltigen Bauens aus und zertifiziert Projekte, die nachweislich nachhaltig gebaut sind. Für alle Bauaufgaben steht ein Kriterienkatalog zur Verfügung, der von Experten mit langjähriger Erfahrung im nachhaltigen Bauen stetig weiterentwickelt wird. Wer die Herausforderungen unserer Zeit nicht ausblenden will und ein Bauwerk erschaffen will, das auch noch in 100 Jahren gerne genutzt wird, findet hier Antworten. Auch die Bundesregierung hat erkannt, dass auf das bestehende Wissen zum nachhaltigen Bauen aufgebaut werden sollte. Denn das Zertifizierungssystem der DGNB, das sich der ganzheitlichen Nachhaltigkeit verschreibt, kann genutzt werden, um das QNG zu erreichen. Entscheidungen zugunsten einer besseren gebauten Umwelt werden jetzt also bezuschusst.

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.