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29. Sep 2022

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Gesellschaft

Wie funktioniert nachhaltiger Konsum?

Journalist: Julia Butz

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Foto: Heidi Fin/unsplash

Das Verbraucherverhalten gilt als eines der zentralen Handlungsfelder einer nachhaltigen Entwicklung. Bewusster Konsum trägt dazu maßgeblich bei.

Alles, was produziert, transportiert und in den Handel gebracht wird, verbraucht Ressourcen. Nachhaltig und klimafreundlich zu konsumieren bedeutet also erst einmal weniger zu kaufen. Denn was bleibt letztendlich von einem Leben des Konsums und all den Anschaffungen übrig? Wie viele Gegenstände sind langlebig oder haben noch einen zukünftigen Nutzen? „Schaut man sich z. B. eine Haushaltsauflösung an, das meiste wird weggeworfen, da wird wenig an die nächste Generation übertragen.“, so Konsumforscher Dr. Dirk Hohnsträter (in der Sendung Capriccio BR 1/22). Umweltschützer predigen den Verzicht, damit weniger CO2 emittiert und weniger Müll entsteht. Influencer propagieren die Askese als Heilsbringer, den Minimalismus als Befreiung. Kann also nur der Verzicht unser Klima retten?

Verzicht klinge immer nach Verbot und funktioniere kaum, so Dirk Hohnsträter. Denn: „Zu einem erfüllten Leben gehören auch materielle Dinge.“ Die Frage sei nur, welche. Es sei völlig verständlich, etwas kaufen oder erleben zu wollen, nur sollte man sich die Frage stellen, welches Verhältnis man zu den Dingen einnimmt. Sich Zeit nehmen, die Sinne kultivieren, klug wählen und genussvoll leben, so sein Credo.

Alles nur eine Frage der Qualität? In einer neuen Qualitätswirtschaft sollte es darum gehen, den Wert der Dinge zu verstehen und zu schätzen. Indem man sich über die Produktionsumstände, dem damit einhergehenden Ressourcenaufwand und auch der Vertriebswege bewusst ist, somit den Wert des Produktes mehr schätzt und in Folge dessen entsprechend gut behandelt und möglichst lange gebraucht. Auch über Generationen hinaus. Indem der Lebenszyklus eines Produktes durch flexible, zukunftsfähige Nutzungsmöglichkeiten wie Refurbishing oder Upcycling verlängert wird.

Bei einer qualitätsorientierten Ausrichtung des Konsumierens, bei der gut überlegt und als Investment gekauft wird und indem jedes erworbene Stück die eigenen Werte widerspiegelt, wird Nachhaltigkeit zum Gewinn. Die Befreiung vom Überfluss und eine bewusstere Beziehung zu den Dingen, die uns umgeben aufzubauen, kann auch die Beziehung zu uns selbst verändern. Weniger von den Dingen zu konsumieren, die wir nicht brauchen, sondern nur haben wollen, bedeutet gleichzeitig, sich mehr auf das zu konzentrieren, was im Leben wichtig ist. Es ist vielleicht nicht der einfachste Weg, aber der nachhaltigste.

Das Wirtschaftswachstum muss unter nachhaltigem Konsum ebenso wenig leiden. Denn qualitatives Wachstum kann auch dadurch erzeugt werden, nur einige hochwertige Teile anstelle von vielem zum schnellen Wegwerfen zu kaufen. Allerdings gilt der Kauf von Produkten und Dienstleistungen in unserer Gesellschaft noch immer als eine wichtige Grundlage des eigenen Wohlstandes und als Ausdruck der individuellen Lebensentfaltung. Was also bleibt von uns, ohne die materielle Shoppingkultur? Warum kaufen wir, was wir nicht brauchen? Beim Kauf geht es nicht nur um bloße Zufriedenheit eines nützlichen Produktes, sondern immer auch um Spaß und Erlebnis, um Luxus oder Belohnung – um ein Glücksversprechen durch Konsum. Es ist nur natürlich, dass der Mensch Abwechslung braucht. Durch das Erlebnis Konsum wird diese Abwechslung erzeugt. So bleibt es fraglich, ob allein das Qualitätsversprechen und der bloße Nutzen ausreichen, eine Kaufentscheidung immer vor das wirkliche Brauchen zu stellen. Auch bedarf es ziemlicher Disziplin nicht „Will haben!“ zu rufen, wenn durch künstliche Verknappung und andere Manipulationsmechanismen des Marketings Begehrlichkeiten geschaffen werden.

Warum also gute Ideen, den Erlebnisfaktor und Spaß beim Kauf nicht zu einem guten und nachhaltigen Produkt verbinden? Viele Hersteller setzen dies bereits um, verändern Produktionsbedingungen, verarbeiten recycelte Rohstoffe, richten Vertrieb und Logistik energiesparender aus und reduzieren Verpackungsvolumina. Beim sogenannten Öko- oder Ecodesign werden Produkte bereits im Planungs- und Entwurfsprozess so intelligent designt und entwickelt, dass sie optimal und energieeffizient funktionieren, die Umweltbelastungen für die Herstellung möglichst minimiert werden, mit weniger Verpackung und Umverpackung auskommen, langlebig bzw. reparierbar sind und die Recyclingfähigkeit gegeben ist.

Komponenten, die als zukünftige Rezeptur für nachhaltiges Wirtschaften gelten und es somit auch für den Verbraucher immer leichter machen, nachhaltiger zu konsumieren. Bis dies flächendeckend so weit ist, heißt es beim Einkaufen genau hinzuschauen und bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Oder auch mal nichts zu kaufen.

Lt. Statista Report Nachhaltiger Konsum 2021 schätzen die Deutschen Verpackungen (56 %), Tierwohl (55 %) und Fair Trade (49 %) als besonders wichtige Aspekte nachhaltigen Konsums ein. Jeder zweite Befragte gibt an, sein Konsumverhalten bereits aus Gründen der Nachhaltigkeit geändert oder angepasst zu haben.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.