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26. Mär 2024

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Business

Wie geteilte Mobilität den Verkehr besser macht – Ein Beitrag von Jonas Schmid

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Foto: Presse

Jonas Schmid, Leiter Neue Mobilität Mobilitätsakademie des TCS / Geschäftsführer Swiss Alliance for Collaborative Mobility CHACOMO über geteilte Mobilität.

Der Markthochlauf der E-Mobilität ist zweifelsohne ein zentraler Hebel, um im Verkehrsbereich auf die im Pariser Abkommen vereinbarten Klimaziele hinzuarbeiten. Neben der Elektrifizierung sind aber weitere Stellschrauben gefragt, wenn ein echter Umbau hin zu einem energieeffizienten und ressourcenschonenden Verkehrssystem gelingen soll. Denn von Letzterem sind wir noch weit entfernt, wie beispielsweise der Blick auf den mittleren Besetzungsgrad von Personenwagen zeigt: Dieser verharrt seit Jahren auf einem tiefen Niveau von 1.5 Personen pro Auto. Aber auch der öffentliche, fahrplangebundene Verkehr ist mancherorts mit übermässig vielen Tonnen und dadurch hohem Energieverbrauch pro Personenkilometer – ergo wenig effizient – unterwegs.

Vielseitige Potenziale für weitere Effizienzgewinne im Verkehr eröffnen uns die Angebotsformen der «Shared Mobility» oder kollaborativen Mobilität, also das Teilen von Fahrzeugen, von Fahrten und von Infrastrukturen. Für die Mobilitätsakademie des TCS ist die kollaborative Mobilität neben der Elektrifizierung des Verkehrs DER zentrale Transformationspfad hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Die hochgradig digitalisierten Sharing-Geschäftsmodelle besitzen eine enorme disruptive Kraft, unsere Mobilität gänzlich neu zu organisieren und die genannten Ineffizienzen zu reduzieren. Sie sind die Ingredienzen, die wir zwingend bauchen, um nahtlose Tür-zu-Tür-Reiseketten zu schaffen, welche einen ähnlichen Komfort wie die Nutzung des eigenen Autos bieten. Die Mobilitätsakademie des TCS hat es sich zur Mission gemacht, als «Think- und Do-Tank» den Zukunftsmarkt der Shared Mobility in der Schweiz aktiv mitzugestalten. Sie tut dies einerseits als Betreiberin von «carvelo», des weltweit ersten Sharing-Angebots für elektrische Cargo-Bikes. Andererseits engagiert sie sich als Geschäftsstelle der Swiss Alliance for Collaborative Mobility CHACOMO – welche 2021 auf ihre Initiative hin gegründet wurde. Ziel des Branchenverbands CHACOMO ist es, die geteilte Mobilität als Ökosystem diverser, nachhaltiger Mobilitätsangebote besser im Schweizer Verkehrssystem zu verankern. Wie vielfältig und dynamisch der Markt der geteilten Mobilität in der Schweiz ist, zeigt das kürzlich von CHACOMO und der Mobilitätsakademie ins Leben gerufene «Shared Mobility Observatory»: Aktuell bedienen hierzulande 55 Anbieter mit über 35'000 geteilten Mobilitätswerkzeugen rund 2 Mio. Nutzende. Diese Zahlen zeigen: Shared Mobility entwickelt sich seit einigen Jahren aus der Nische heraus zum Rückgrat einer multimodalen Angebotslandschaft.

Gerade auch für Unternehmen bietet der Shared Mobility-Markt innovative Ansätze und Produkte. Die Nachfrage nach effizienten und nachhaltigen betrieblichen Mobilitätskonzepten wächst, da die Mobilität der Mitarbeitenden immer mehr zu einem wesentlichen Teil der Nachhaltigkeitsstrategien vieler Unternehmen wird. Gepoolte, per App zugängliche Fahrzeugflotten sowie Mobilitätsbudgets, welche Mitarbeitende beliebig für ÖV und geteilte Mobilität einsetzen können, eröffnen gegenüber individuell genutzten Firmenautos massive Einsparpotenziale, sowohl was die Emissionen, als auch was die Mobilitätskosten betrifft. Auch hier gilt: Sharing is Caring!

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.