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5. Dez 2022

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Wirtschaft

„Wir müssen die Digitale Souveränität stärken“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Presse

Wie lässt sich eine moderne deutsche Wirtschaft gestalten, stärken und auf zukünftige Krisen vorbereiten? Dr. Oliver Grün, Präsident des Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi), über Deglobalisierung und digitale Souveränität für einen stabilen Wirtschaftsstandort.

Massiver Fachkräftemangel, Klimakrise, Krieg, Dekarbonisierung und dramatisch steigende Energiepreise: Wie kann die deutsche Wirtschaft diese Herausforderungen gemeinschaftlich bewältigen?
Innovationen und Digitalisierung sind der Schlüssel, um überhaupt noch eine Chance auf das Erreichen unserer Klimaziele zu haben. Die Digitalisierung kann nach verschiedenen Studien, etwa von Accenture, bis zu 50% der notwendigen CO2-Einsparungen beitragen. Doch das gelingt nur, wenn wir Innovationen und Digitalisierung zum Leitmotiv unseres wirtschaftlichen und politischen Handelns machen. Aktuell haben Politik und Wirtschaft dieses Thema nur als Lippenbekenntnis. Die Krisen zeigen hier ihre Wirkung, unsere Wirtschaft investiert noch weniger in Innovationen als zuvor, in der Politik ist Digitalpolitik kein relevantes Thema.

Noch könnten die Arbeitsstrukturen und die Digitalisierung flexibler gestaltet werden. Was kann die gezielte Zusammenführung von innovativen Start-Ups mit dem deutschen Mittelstand bewirken?
Mittelständische Unternehmen sind oft stabil im Markt verankert und erwirtschaften kontinuierlich Gewinne. Start-ups entwickeln tolle Innovationen und suchen Partner und Kunden. Einzelne Erfolge beweisen, dass eine Zusammenführung dieser beiden Player eine Schnittstelle bedient, die Neues schafft. 

Warum benötigen wir eine neue Employer-Culture, um die Beständigkeit der Wirtschaft zu garantieren?
Im Mittelstand besteht eine andere Unternehmenskultur als in Konzernen. Durch die langfristigen Strategien inhabergeführter Unternehmen entstehen Werte und Normen, die nicht mit denen aus der kurzfristigen Befriedigung von Ergebniszielen in vielen Konzernen zu vergleichen sind. Alle Unternehmen aber müssen die Nachhaltigkeit als Unternehmensziel ernsthaft implementieren, wir müssen die soziale Marktwirtschaft um Klimaziele ergänzen. Auch für Mitarbeiter werden Unternehmen attraktiver, wenn sie Nachhaltigkeit in ihre Kultur mit aufnehmen, dies ist angesichts des Fachkräftemangels essentiell.

De-Globalisierung und digitale Souveränität wird für die Handlungsfähigkeit von Unternehmen immer wichtiger. Können wir uns nur noch selbst vertrauen?
Erst einmal sollten wir erkennen, dass wir im Bereich der Digitalisierung vieles selbst können. Unsere eigene Digitalwirtschaft ist im wichtigen B2B-Bereich marktführend, stark und mittelständisch geprägt. Die meisten Jobs der Digitalwirtschaft in Deutschland sind mittelständisch. Warum setzen wir dann pauschal auf Konzerne aus Übersee, statt Unternehmen aus Europa, die vergleichbare Lösungen bieten? Das ist kurzsichtig und erhöht unsere digitale Abhängigkeit, die ohnehin schon aus dem B2C-Geschäft dramatisch ist. Natürlich sollte man sein Digitalprodukt global beziehen, wenn es aus Europa nicht verfügbar ist, wir wollen keinen Protektionismus und keine Abschottung. Staat und Unternehmen müssten nur bei ihrer Beschaffung die Digitale Souveränität als zusätzliches Auswahlkriterium aufnehmen.

Wie schaffen es Deutschland und Europa, die Innovationskraft ihrer zahlreichen Digitalunternehmen besser zu nutzen, um ein eigenes Angebot an Lösungen für alle wesentlichen Aspekte der digitalen Transformation zu schaffen?
IT-Unternehmen in Deutschland und Europa werden durch komplexe Regularien und Bürokratie bei der Umsetzung von Innovationen in Lösungen gehemmt, hier gibt es ganze Kataloge konkreter Optimierungsvorschläge. Aktuell droht durch den AI-Act in der EU eine teure Testatpflicht, um KI-Produkte in den Markt bringen zu dürfen. Großes Potenzial haben außerdem schnell wachsende Scale-Ups aus Start-Ups und dem IT-Mittelstand, die mit ihren innovativen Lösungen bald auf dem globalen Mark konkurrieren könnten. Dafür muss aber mehr Wachstumskapital in Europa bereitgestellt werden, etwa durch eine Entbürokratisierung der Börsengänge. Unsere Besteuerung für Beteiligungen ist zudem nicht mehr international wettbewerbsfähig.

Über 80 Prozent der deutschen Unternehmen fühlen sich technologisch abhängig von nicht-europäischen Partnern, so eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Was muss für mehr digitale Souveränität genau getan werden?
Lange haben weltmarktführende IT-Unternehmen ihre Vormachtstellung durch Lock-in-Effekte zementiert, die eine Interoperabilität ihrer Produkte mit Alternativlösungen erschwert haben. Damit hatten kleinere Unternehmen keine Chance auf einen fairen Wettbewerb. Der neue Digital Markets Act der EU geht dieses Problem positiv an, aber muss jetzt auch konsequent durchgesetzt werden. Die Bundesregierung hat außerdem erklärt, sie wolle die Digitale Souveränität zu ihrem innovationspolitischen Leitmotiv machen. Das bedeutet, wir müssen konsequent digitale Lösungen "made in Europe" entwickeln und unsere IT-Unternehmen stärken. Dafür ist wichtig: 99% unserer europäischen Digitalwirtschaft sind KMU. Politik für mehr Digitale Souveränität ist daher in erster Linie Mittelstandspolitik.

Welche Chancen bieten sich, Deutschland als Wirtschaftsstandort zu stabilisieren und gestärkt aus den multiplen Krisen herauszukommen?
Durch den Krieg in der Ukraine bekommen wir die Folgen unserer Abhängigkeit in Sachen Energie schmerzlich zu spüren. Dies sollte ein Weckeffekt für unsere digitale Abhängigkeit sein und Maßnahmen zur Stärkung der Digitalen Souveränität Deutschlands und Europas vorantreiben.

14. Nov 2024

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Wirtschaft

Tierfutter im Überblick

**Bio für weniger Rückstände** Biofutter wird aus biologisch erzeugten Zutaten und Inhaltsstoffen hergestellt. Aufgrund der Richtlinien für biologische Landwirtschaft werden dabei keine bzw. weniger synthetische Pestizide, chemische Düngemittel oder genetisch veränderte Organismen eingesetzt. Von Vorteil ist hierbei vor allem, dass dadurch weniger Rückstände, beispielsweise von Antibiotika im Futter enthalten sind. Gut zu wissen: Antibiotikarückstände in Fleisch sind enorm schlecht verträglich und können sogar zu Krankheiten führen. Auch wird bei Biofutter auf eine nachhaltige und artgerechte Tierhaltung Wert gelegt, was dem Schutz der Umwelt dient und die Lebensqualität der Tiere steigert. Häufig ist Biofutter gut geeignet für empfindliche Tiere, aufgrund der hochwertigen und natürlichen Inhaltsstoffe. Wenn Tiere beispielsweise Unverträglichkeiten haben, vertragen sie Biofutter meist besser. Ein Nachteil von Biofutter ist allerdings der Preis, welcher meist teurer ist als herkömmliches Futter. Allerdings ermöglicht der höhere Preis den Bio-Bauern ein nachhaltiges und angemessenes landwirtschaften. ![pexels-rdne-7782871.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_rdne_7782871_6a7a305874.jpg) **Probiotika und Zusatzfutter** Häufig bekommen Tiere mit einer empfindlichen Verdauung Probiotika oder Zusatzfutter verabreicht. Probiotika sind Futterzusätze, die aus lebenden Mikroorganismen bestehen und auch bei Menschen eine positive Wirkung auf das gesamte Verdauungssystem haben. Auch das Immunsystem kann durch die Einnahme von Probiotika gestärkt werden. Ein dritter positiver Aspekt von Probiotika: Das Wohlbefinden in Stresssituationen kann gesteigert werden. Bei Tieren ist dies beispielsweise der Tierarztbesuch. In Zusatzfutter allgemein sind auch häufig Vitamine, Mineralien oder andere Ergänzungen enthalten, abhängig von den Gesundheitszielen der Tiere. Durch die gezielte Zugabe bestimmter Zusatzstoffe im Futter können Mangelerscheinungen behoben und gesundheitliche Probleme gelindert werden. Hierzu zählen meist auch Allergien. Es sollte immer evaluiert werden, welches Tier welches Futter und gegebenenfalls welche Zusatzstoffe benötigt. Die Wirkung kann unterschiedlich ausfallen und nicht bei jedem Tier ist die Gabe von Probiotika gleichermaßen effektiv. Ein Nachteil ist – ähnlich wie beim Biofutter –, dass hochwertige probiotische Zusätze und Ergänzungen im Zusatzfutter meist teuer sind. ![pexels-mohd-adnan-khan-78969656-14965274.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_mohd_adnan_khan_78969656_14965274_1e096f4b04.jpg) **Performancefutter für aktive Tiere** Unter Performancefutter versteht man spezielles Futter, um den erhöhten Nährstoffbedarf von aktiven, arbeitenden oder sportlichen Tieren zu decken. Meist enthält Performancefutter einen erhöhten Anteil an Proteinen, Fetten und Energie. Vorteile dieses speziellen Futters sind die höhere Leistungsfähigkeit der Tiere, da das Futter auf den gesteigerten Energiebedarf angepasst ist. Insbesondere auch bei intensiver Bewegung wird gewährleistet, dass genügend Nährstoffe aufgenommen werden und die Tiere weiterhin Leistungsfähig bleiben. Auch enthält Performancefutter oft zusätzliche Nährstoffe, die Muskulatur, Gelenke und die allgemeine Fitness unterstützen. Hierzu zählen vor allem Omega-3-Fettsäuren. Diese tragen auch zu einer schnelleren Regeneration nach intensiver Aktivität bei. Es gilt zu beachten, dass dieses spezielle Futter nur für sehr aktive Tiere geeignet ist, da es ansonsten zu Übergewicht führen kann. Wie auch Zusatzfutter und Biofutter, ist bei Performancefutter aufgrund der speziellen und hochwertigen Inhaltsstoffe meist ein teurerer Preis zu erwarten. ![GemaesteteLarven_und_Junglarven.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Gemaestete_Larven_und_Junglarven_5eda974d54.jpg) **Insekten als Umweltretter** Larven der Schwarzen Soldatenfliege oder Mehlwürmer werden häufig aufgrund ihres Proteingehalts als Basis von Insektenfutter genutzt. Klingt erstmal überraschend? Futter aus Insekten ist der neueste Trend in der Landwirtschaft und auch im privaten Bereich. Es wird als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen tierischen Proteinen wie Huhn oder Rind gesehen. Insektenprotein hat einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck als die Fleischproduktion: weniger Wasserverbrauch bei der Erzeugung und deutlich weniger CO2-Emissionen. Auch für Tiere mit Allergien oder Unverträglichkeiten kann Insektenprotein eine gute Alternative gegenüber herkömmlichen Proteinquellen darstellen, da Insekten bei vielen Tieren zum natürlichen Nahrungsmittelspektrum zählen. Außerdem ist das Futter enorm nährstoffreich: Insekten bestehen aus einem großen Proteinanteil, essenziellen Aminosäuren und gesunden Fettsäuren. Da insektenbasiertes Tierfutter gerade erst etabliert wird, ist es meist noch etwas teurer und nicht so verbreitet wie herkömmliches Futter. Auch kann es vorkommen, dass Tiere und Tierhalter sich erst einmal an Insektenfutter gewöhnen und es akzeptieren müssen.