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5. Sep 2024

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Gesellschaft

„Wir müssen Europäisch denken“ – mit Dr. Felix Schenuit

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Guillaume Périgois/unsplash, Presse

Die Europawahl 2024 hat auch Einfluss auf die die Umsetzung des Green Deals und eines effektiven Carbon Managements in Deutschland.

Schenuit_Felix_presse_neu_online.jpg Dr. Felix Schenuit, Wissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in der Forschungsgruppe EU und Europa

Die Europawahl 2024 ist Geschichte. Inwieweit die Ergebnisse den Fortschritt, die Umsetzung des Green Deals und die Klimapolitik zwischen 2030 und 2040 beeinflussen, bleibt noch unklar. Dr. Felix Schenuit, Wissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in der Forschungsgruppe EU und Europa, zeigt sich optimistisch. „Rein rechnerisch ist die Green-Deal-Mehrheit aus Europäischer Volkspartei, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen dafür noch intakt. Inwieweit sich die politischen Prioritäten tatsächlich verschieben, wird sich in den kommenden Wochen zeigen“, sagt der Experte. Er rechne nicht mit einer umfassenden Rückabwicklung des Green Deals, aber mit einem neuen Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union. Inwieweit die klimapolitischen Ambitionen abgeschwächt werden, wird auch von den Mitgliedstaaten abhängen – das Europäische Parlament sei schließlich nur ein Akteur im europäischen Gesetzgebungsprozess.

„Sollte Frau von der Leyen als Kommissionspräsidentin bestätigt werden, dürfte sie am Green Deal festhalten und das Narrativ einer Wachstumsstrategie noch prominenter herausstellen ¬– das wird ihr in der eigenen Partei und bei den notwendigen Mehrheiten im Parlament helfen“, ist sich Dr. Schenuit sicher. Eines der schwierigsten Themen bleibt die Landwirtschaft. „Wenn die EU ihr Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ernst nimmt, müssen auch in diesem Sektor die Emissionen gesenkt werden. Die Diskussionen über mögliche Instrumente hierfür werden zu einem zentralen Prüfstein für die Kompromissbereitschaft aller am Gesetzgebungsprozess beteiligten Akteure. Die intensiven Diskussionen um das Renaturierungsgesetz zeigen, dass weitere politische Blockaden durchaus im Bereich des Möglichen liegen.“

In der Priorisierung des Themas Carbon Management zeige sich bereits die neue Schwerpunktsetzung der Wettbewerbsfähigkeit im Klimaschutz, so Dr. Felix Schenuit: „Es ist der Versuch, Industrien mit sogenannten ‚schwer vermeidbaren Emissionen‘ eine Zukunftsperspektive in einer klimapolitisch ambitionierten EU aufzuzeigen. Die größten Herausforderungen liegen in der Herbeiführung von finalen Investitionsentscheidungen und damit im Sammeln von Erfahrungen in der Skalierung dieser Technologien.“ Trotzdem wird der Einsatz von Carbon Management uns nicht davor bewahren, die Emissionen drastisch zu reduzieren, weil wir die Klimaziele sonst verfehlen. „Die Technologien sollten daher mit Blick auf ‚schwer vermeidbare Emissionen‘ gefördert werden. Was als schwer vermeidbar gilt, ist einer der entscheidenden politischen Aushandlungsprozesse in diesem Politikfeld, der nicht an die Wissenschaft ausgelagert werden kann.“

Gerade deshalb ist Interdisziplinäre Zusammenarbeit essenziell, um eine zielgerichtete Förderpolitik zu gestalten und die erfolgversprechendsten Anwendungen zu identifizieren. Erkenntnisse aus der Wissenschaft und praktische Erfahrungen von Unternehmen seien notwendig, um eine breite gesellschaftliche Trägerschaft zu gewährleisten und Infrastrukturprojekte erfolgreich umzusetzen, weiß der Experte. Um nachhaltige Erfolge im Carbon Management zu sichern und den Green Deal zu forcieren, müsse die Infrastruktur europäisch gedacht werden – nationale Strategien und Infrastrukturprojekte allein reichen nicht aus. „Die Ausgestaltung und zügige Bereitstellung von Fördermitteln sind dabei entscheidende Schritte. Carbon Management darf die ambitionierten Emissionsreduktionen nicht verlangsamen, um das Vertrauen der Gesellschaft nicht zu verspielen.“

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.