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22. Dez 2023

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Business

„Wir wollen für HR eine Brücke bauen.“

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Caspar Camille Rubin/unsplash

metagame ist ein junges Start-up, das Gamer und Arbeitgeber verbinden möchte – mithilfe einer eigens entwickelten Candidate- und Recruiting-Plattform und unter anderen durch E-Sports-Turniere für Unternehmen. Denn Gamer bringen Softskills wie Mustererkennung oder Problemlösungskompetenzen mit. Die Gründer Pia Büßecker und Tobias Scholz erklären, warum E-Sports für die Mitarbeitendenbindung und im Recruiting-Prozess wichtig sind.

Was macht metagame genau?

Wir möchten die Skills und das Mindset von Gamern in die Berufswelt bringen, weil wir davon überzeugt sind, dass es genau dieses Mindset benötigt. Gamer verfügen über ständige Anpassungsfähigkeit und lernen agil – das bringt sie zukünftig im Berufsalltag voran. Über unsere eigene Plattform können Unternehmen ein Company-Profil erstellen, genauso wie Talente sich hier vorstellen sollen. Wir wollen im Recruiting eine Brücke bauen, die es bislang nicht gibt. Im besten Fall gibt es ein Matchmaking zwischen Talenten und Unternehmen. In unserem Format „Outplayed“ können Teams unterschiedlicher Firmen gegeneinander bei Strategie- oder Sportspielen antreten. Das fördert die Mitarbeitendenbindung und Talentsichtung.

 

Warum ist es heute für Unternehmen von Bedeutung, Gaming und E-Sports in den Fokus ihres Employer-Brandings und der HR-Strategie zu rücken?

Einer der größten gemeinsamen Nenner in unserer Gesellschaft ist das Gaming. Fast jeder zockt heute – und das gilt für alle Bevölkerungsgruppen und Geschlechter. Wir möchten die Leute dort abholen, wo sie Spaß haben, um sich dann in der Arbeitswelt weiterzuentwickeln. Beim Spielen lernt man, wie sich Strukturen aufbauen lassen. Gleichzeitig finden Gamer Lösungen für Probleme. Fähigkeiten, die moderne Unternehmen bei Mitarbeitenden suchen. Es geht nicht um Zertifikate, die wenig über einen Menschen aussagen, sondern um Authentizität – und die kann man im Spiel beobachten.

 

Welche spezifischen Fähigkeiten und Softskills machen Gaming-affine Personen zu den Social Natives der Zukunft?

Social Natives sind im digitalen Kontext unterwegs und verfügen unter anderem über Teamfähigkeit, Empathie und eine Unabhängigkeit ihres Arbeitsplatzes. Das ist entscheidend, wenn man zukünftige Arbeitskräfte gewinnen möchte. Gamer passen sich der jeweiligen Situation an, handeln lösungsorientiert. Ältere Führungskräfte verlangen häufig, dass alle ins Office zurückkommen, da sie es selbst so gewohnt sind. Und Gamer sagen, der Ort ist egal. Ein Thema wie Distant Leadership wird deshalb für alle wichtiger. Wenn man sich aber dazu den demografischen Wandel anschaut und die Bedürfnisse, die gerade junge Talente mitbringen, dann haben wir hier große Barrieren im Hinblick auf alter Arbeitskultur und New Work. Diese beiden Themen und vor allem die vielen unterschiedlichen Generationen müssen verschmelzen, wenn dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden soll.

 

Wie können Unternehmen die unterschiedlichen Fähigkeiten von Gamern gezielt in ihren Arbeitskontext integrieren?

Gamer sollten verstehen, dass sie die besonderen Skills, die sie täglich im Spiel erlernen und trainieren, auch im Berufsalltag nutzen können. Wir glauben nicht, dass es nur eine Aufgabe der Unternehmen ist, zu verstehen, was eigentlich das Potenzial im Gaming ist. Auf der anderen Seite sollten auch Firmen das Potenzial der Gamer selbst erkennen. Wenn man es schafft, diese Erkenntnis salonfähig zu machen, dann sind wir davon überzeugt, dass alle Beteiligten daraus viel herausziehen können.

 

Welche Rolle spielt die Identifikation mit Gaming und E-Sports in der Mitarbeitendenbindung und im Recruiting-Prozess? Haben das die Entscheider aus den HR-Abteilungen auf dem Schirm?

Zuerst einmal befindet sich jedes Unternehmen im War for Talents. Möchte man die Besten gewinnen, ist die richtige Ansprache wichtig. Ansonsten ziehen Talente weiter – womöglich in andere Länder, wo Uni-Abschlüsse nicht so wichtig sind wie Ideen und die richtige Einstellung. Bislang hat die HR-Abteilung Gaming und E-Sports als Recruiting-Tool nicht auf dem Schirm. Würde E-Sports offiziell Sport sein, könnte man die Gemeinnützigkeit ankurbeln, den Amateurbereich stärken und das Thema in den Schulalltag integrieren. Das würde auch bei Non-Digital-Natives für mehr Aufklärung sorgen. Unternehmen haben zwar verstanden, was für eine wirtschaftliche Power hinter Gaming und E-Sport steht, nutzen sie aber nicht fürs Recruiting. Wer eine Konsole im Unternehmen aufstellt, wird schnell merken, was sich für eine Community aufbaut. Dann lässt sich Gaming auch leichter in den Recruitingprozess integrieren.

 

Welche konkreten Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um Gaming- und E-Sports-Enthusiasten anzuziehen und zu fördern?

Viele der schriftlichen Lebensläufe sind austauschbar. Interessanter ist doch, wie wir Hidden Talents entdecken können. Das sind vielleicht nicht die besten Schüler, dafür verfügen sie über andere Skills, die Firmen nicht immer sofort dekodieren können. Wir glauben: 'Teams that play together, stay together'. Und das versuchen wir für den digitalen Kontext wissenschaftlich zu belegen. Der Fachkräftemangel ist da, der wird nicht weggehen. Unternehmen sollten jetzt die Chance ergreifen, neue Wege im Recruiting zu gehen, um Talente zu entdecken, diese zu halten und wettbewerbsfähig zu bleiben.