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3. Sep 2021

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Gesellschaft

Das Betongeld im Alter sinnvoll nutzen

Journalist: Armin Fuhrer

Rentner haben gestiegene Ansprüche an ihren Lebensabend oder stehen vor großen Ausgaben. Zur Finanzierung bietet sich ein Teilverkauf der Immobilie an.

Mit 66 Jahren geht das Leben erst richtig los“ – was vor Jahrzehnten schon Udo Jürgens wusste, erleben heutzutage immer mehr Rentner am eigenen Leibe. Denn die Generation 60 Plus ist heute fitter und agiler denn je und möchte sich langgehegte Wünsche erfüllen. Gerade in den ersten Jahren nach dem Renteneintritt fühlen sich viele fit genug, um endlich die großen Reisen zu machen, für die man früher keine Zeit hatte oder die Anschaffung zu machen, auf die man sich schon während des Berufslebens gefreut hat. Andere Rentner dagegen stehen aus irgendeinem Grund vor einer großen Ausgabe, die sie mit ihrer Rente gar nicht bewerkstelligen können, zum Beispiel, weil das eigene Haus barriere-frei gestaltet werden muss oder weil eine große, kostenintensive Reparatur anliegt. Das droht bei einem Einfamilienhaus im Schnitt alle 20 Jahre.

Während die Rente bei vielen Deutschen für die normalen Bedürfnisse des Lebens ausreicht, müssen sie für solche großen Aufgaben, Anschaffungen oder Wünsche oftmals die Reserven antasten. Nur was tun, wenn man gar keine hat? Viele Rentner verfügen über eine andere Währung: Hartes Betongeld. Und viele machen sich gar nicht bewusst, dass sie auch dieses Betongeld heranziehen können. Klar: Wer in der glücklichen Lage ist, ein Eigenheim zu besitzen, der kann es natürlich verkaufen und in ein Mietobjekt umziehen. Doch viele Menschen haben ja gerade viele Jahre während des Berufslebens ihr Haus abbezahlt, um im Alter mietfrei wohnen zu können. Für sie gibt es eine Alternative zum Verkauf des Hauses: Den Teilverkauf.

Ein solcher Teilverkauf der eigenen Immobilie ist auch eine probate Alter-native zum Modell der Leibrente, denn trotz höherer Anfangskosten kann man aus dem Teilverkauf am Ende erheblich mehr herausholen, als bei der Leibrente. Das Prinzip des Teilverkaufs: Ein Eigentümer verkauft gerade so viel Anteile an seinem Haus, wie es seinem finanziellen Bedarf entspricht. Hat das Haus beispielsweise einen Wert von 600.000 Euro und der Bedarf liegt bei 10.000, verkauft der Hausbesitzer also ein Sechstel seiner Immobilie. Der Anteil des verkauften Immobilienbesitzes kann bis zu 50 Prozent liegen, darüber darf er nicht gehen. Nicht selten legen die Unternehmen, die sich auf den Teilverkauf spezialisiert haben, eine Mindestsumme, von zum Beispiel 100.000 Euro, fest. Darüber hinaus lohnt sich der Aufwand nicht.

Da der Käufer ja den von ihm erworbenen Teil der Immobilie dauerhaft nicht nutzen kann, erhebt er als Gegenleistung ein Nutzungsentgelt, das quasi einer Miete für den erworbenen Teil des Hauses entspricht. Allerdings fällt dieserBetrag in der Regel deutlich niedriger aus als bei einer echten Miete. Übrigens ist auch der Teilverkauf bereits vermieteter Immobilien möglich. Allerdings muss in diesem Fall gewöhnlich die Miete dem aktuellen Mietspiegel der jeweiligen Region entsprechen. 

Die Vorteile für den Besitzer liegen auf der Hand. Er kann in seinem Haus, das er vielleicht seit Jahrzehnten bewohnt und als Heimat liebgewonnen hat, wohnen bleiben. Für viele Rentnerpaare ist das ein sehr wichtiger Punkt, denn auch, wenn sie fit und agil sind, ziehen sie für gewöhnlich in diesem Alter nicht mehr gerne um. Zugleich bleibt der Teilverkäufer Haupteigentümer, da er ja stets mindestens 50 Prozent der Haus-Anteile besitzt. 

Die Verkäufer bleiben zudem flexibel, denn der Teilverkauf muss keineswegs das letzte Wort sein. Ein Rückkauf ist ebenso möglich wie ein später Voll-verkauf beispielsweise für den Fall, dass der Besitzer in ein Pflege- oder Seniorenheim umzieht oder der Bedarf nach liquiden Mitteln weiter steigt. Auch die Erben bleiben berechtigt, den Anteil, der ihren Eltern gehört, auch tatsächlich zu bekommen. Im Fall des späteren Vollverkaufs muss allerdings geregelt werden, ob der Verkäufer weiterhin ein Wohnrecht hat. Wichtig für den Teilverkäufer: Ihm bleibt auch weiterhin die Entscheidungshoheit über sein Haus. Das heißt, er kann weiterhin selbst bestimmen, ob er beispielsweise Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen durchführen lassen möchte.Der Preis für die Immobilie sollte stets von einem unabhängigen und zertifizierten Gutachter ermittelt werden, damit sich an dieser Stelle keine Seite übervorteilt fühlt. Der potenzielle Teilkäufer sollte dem Verkäufer stets zwei zertifizierte Gutachter zur Auswahl vorschlagen, allerdings sollte auch der Verkäufer selbst die Möglichkeit haben, einen eigenen Gutachter zu beauftragen. Gutachter müssen standardisierte festgelegte  Mindestqualifizierungen mitbringen.

In einem Miteigentümervertrag sollte festgelegt werden, dass der Verkäufer ein lebenslanges Nießbrauchrecht behält, also so lange in seinem Haus leben kann, wie er möchte – eben auch bis zum Tod. Ebenso sollte er unbedingt als Besitzer mit allen Rechten und Pflichten im Grundbuch eingetragen bleiben. Auch andere Bestimmungen wie ein mögliches Recht zur Vermietung, ein Vorkaufsrecht der Erben und die Instandhaltung sollten in diesem notariellen Vertrag festgelegt werden. Die Teilsumme sollte innerhalb einer festgesetzten Frist, die ein paar Monate nicht übersteigen sollte, zur Auszahlung kommen.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.