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3. Jul 2023

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Gesundheit

Dem Rücken nie den Rücken zukehren

Journalist: Theo Hoffmann

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Foto: Standsome Worklifestyle/unsplash, Presse

Für einen gesunden Rücken muss jeder von uns mit viel Bewegung und richtiger Körperhaltung selbst aktiv werden, die Muskulatur aber auch richtig trainieren.

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Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesünder Rücken e.V.

Mit Ihrer Arbeit bei der „Aktion Gesunder Rücken“ haben Sie vermutlich einen noch besseren Überblick über alle neuen Entwicklungen als manch ein Mediziner. Gibt es in unserer Zeit nach den Jahren der Pandemie und einem Trend zum Homeoffice Rückenerkrankungen, die verstärkt in den Fokus treten?
Das Thema Homeoffice hat das Problem sichtbar gemacht, dass viele Menschen daheim mit Behelfsmöbeln arbeiten. Die Ausstattung lässt häufig zu wünschen übrig, hier braucht es Empfehlungen hinsichtlich Möglichkeiten für rückenfreundliches Arbeiten von zuhause aus. Das Thema Homeoffice bietet ja auch viele Möglichkeiten. Man kann zuhause vieles abwechslungsreicher und bewegter gestalten, als es im Büro überhaupt möglich wäre. An der Tatsache, dass fast 25% aller Arbeitsunfähigkeitstage wegen Rückenschmerzen anfallen, hat sich bis heute nichts geändert.

Sie haben einen sehr engen Draht zu den Medizinerinnen und Medizinern. Gibt es vielleicht auch Defizite in der Diagnostik, die es Patienten schwer machen, die richtigen Therapieformen zu finden?
Das wird viel diskutiert. Immer wieder fragt man, wie viele bildgebende Maßnahmen überhaupt und zu welchem Zeitpunkt sinnvoll sind. Ich denke an einen Spruch aus der Orthopädie, wo es heißt, dass das Wichtigste, was ein Patient braucht, Zeit ist. Denn oftmals verflüchtigen sich die Probleme auch von allein. 95% aller Rückenprobleme verschwinden nach einer gewissen Zeit von selbst wieder. Sie sind wie ein Schnupfen, der kommt und geht. Die meisten Probleme sind eben muskulär. Wenn ich mich mehr bewege und Wärme einsetze, können schon viele Verspannungen und Rückenprobleme gelindert werden. Generell ist es sinnvoll, dass sich die Menschen in ihrem Alltag möglichst schnell wieder fortbewegen, nicht in Schonhaltungen begeben und sich nicht lange im Bett auskurieren

Warum ist Sport nicht immer das Beste für den Rücken? Sind Kraftsportarten für ein nicht ausgewogenes Fitnessprogramm vielleicht oft auch kontraproduktiv?
Wir haben unseren Verein AGR zu einem großen Expertenkreis mit 150.000 unterstützenden Fachleuten entwickelt. Es gibt Sportarten, die sehr rückenfreundlich sind, wie das Schwimmen etwa. Am besten ist Rückenschwimmen. Grundsätzlich sollte man Sport treiben, um seine Muskulatur ganzheitlich zu aktivieren. Dafür sollte man am besten dorthin gehen, wo man eine fachliche Unterstützung erhält. Auf unserer Internetseite gibt es zudem viele Tipps für Übungen.

Warum hat Ihr Verein entschieden, Unternehmen für deren gesundheitsfördernden Maßnahmen auszuzeichnen?
Es gibt Unternehmen, die sehr viel Wert auf die Gesundheit ihrer Mitarbeiter legen. Ich würde mich freuen, wenn das alle täten, das ist aber leider nicht der Fall. Oft stimmt in den Firmen das Arbeitsumfeld nicht. Es reicht nicht, einfach nur einen Stuhl und einen Tisch zum Arbeiten hinzustellen. Einige Unternehmen investieren vorbildlich in ergonomisches Equipment und ein gesundes Umfeld. Wenn solche Maßnahmen belegbar sind, dann wollen wir vom AGR diesen Unternehmen eine Urkunde überreichen, das ihnen auch beim Personalmarketing hilft. Heute arbeiten Mitarbeiter längst nicht mehr nur aus finanziellen Gründen an einem bestimmten Arbeitsplatz. Das Arbeitsumfeld muss eben auch stimmen.

In den 1990er-Jahren kam der Hamburger Arzt Dr. Günter Neumeyer auf die Idee, eine zentrale Institution zu entwickeln, die rückenfreundliche Produkte auszeichnet und Ärzte und Therapeuten darüber informiert. Daraus entstand neben einem Verein auch ein Gütesiegel zur Erkennung ergonomischer Produkte.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.