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13. Dez 2023

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Gesundheit

Depressionen bei Männern oft unentdeckt

Journalist: Chan Sidki-Lundius

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Foto: Alex Green/pexels

Viele Männer haben seelische Pro­bleme, gestehen sich dies aber nicht ein. Dabei kann psychologische Hilfe so viel Gutes bewirken.

Im Jahr 1984 fragte Herbert Grönemeyer in seinem Song: „Wann ist ein Mann ein Mann?" Und lieferte vielfältige Antworten. Danach stehen Männer ständig unter Strom, baggern wie blöde, führen Kriege. Nach Auffassung des Künstlers sind Männer aber auch verletzlich und innen ganz weich. Grönemeyers Hit hat bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Geändert hat sich allerdings, dass die mentale Gesundheit der Männer zunehmend thematisiert und untersucht wird. Denn die Zahl der Männer mit Depressionen nimmt hierzulande seit Jahren zu. Ergebnisse der Krankenkasse KKH zeigen, dass psychische Erkrankungen bei Frauen im vergangenen Jahr um 11,9 Prozent zugelegt haben, während der Anstieg bei den Männern 24,1 Prozent betrug. Auffällig: Besonders stark nahmen bei Männern Angststörungen zu (+ 40,2 %).

Experten vermuten, dass Dauerstress, Druck, Ereignisse und Krisen wie die Kriege in Israel oder in der Ukraine Männer stärker belasten als Frauen und Beschleuniger für die Entstehung psychischer Erkrankungen sind. Dabei scheint die Dunkelzahl der unter Depressionen und Angststörungen leidenden Männer sehr viel höher zu sein als Studien es vermuten lassen. Ursächlich dafür ist die Tatsache, dass ein Großteil der Männer seelische Probleme aufgrund von veralteten Geschlechterrollen und Weltbildern gern verschweigt oder ignoriert. Denn Männer, die ihre Gefühle zeigen, traurig sind oder gar weinen, gelten vielfach immer noch als unmännlich und schwach. Als Reaktion auf den Druck, tagtäglich „ihren Mann stehen zu müssen“, neigen viele Männer auch dazu, Emotionen zu unterdrücken. Das Ergebnis: toxische Männlichkeit mit emotionaler Kälte als Ideal. Erwiesen ist aber auch, dass Männer bei Problemen seltener als Frauen in Arztpraxen gehen und echte Vorsorgemuffel sind. Somit kommen die behandelnen Ärzte seltener in die Situation, ei­ne psychische Er­kran­kung diagnostizieren zu können. Dass Männer mentale Probleme gut vertuschen können, liegt schließlich auch daran, dass sich depressive Be­schwer­den bei ihnen zumeist an­ders zeigen als bei Frauen. Eine vermehrte Reizbar­keit und Wutausbrüche sind nicht selten, dazu gesellen sich ein erhöhtes Suchtverhalten, oftmals auch sexuelle Störungen und kör­perliche Be­schwer­den.

Soweit sollte es nicht kommen – und es kann nicht oft genug betont werden: Das ungesunde Leitbild des „harten Kerls“ hat ausgedient. Männer, die ihre Gefühle, Ängste und Verletzungen zeigen, die zu ihrer Traurigkeit oder Überforderung stehen, sind ganz und gar nicht unmännlich oder schwach, sondern stark! Die gute Nachricht ist, dass sich derzeit ein Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein rund um die „neue Männlichkeit“ abzeichnet. Das belegt auch eine Studie der Stiftung Männergesundheit. Danach identifizieren sich junge Männer eher mit partnerschaftlich-einfühlsamen Erwartungen als mit klassischen Männlichkeitsformen. Das lässt hoffen!

Besteht bei Ihnen Verdacht auf ein psychisches Leiden? Unsere Empfehlung an Sie: Holen Sie unbedingt medizinischen Rat ein!