Eine Körperliche Untersuchung einer Frau von einem Mediziner

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13. Mär 2024

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Gesundheit

„Der Mensch ist keine Maschine“ Interview mit Arzt Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Edward Mutinga/unsplash

„Weltmedizin“ ist ein Lebensprojekt und Buch von Arzt Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer. Warum Osteopathie, Yoga und Ayurveda so wichtig für unsere Gesundheit sind, erklärt der Bestsellerautor im Gespräch.

LMF_2539.jpgEin Portrait von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer

Herr Prof. Grönemeyer, wir erkennen den Menschen nicht mehr als Ganzes in seinem Fühlen, Denken und Handeln. Warum ist dieser Aspekt so wichtig? Nur wenn wir die Ganzheitlichkeit des Menschen im Blick haben, kann ganzheitliche Heilung gelingen. Jede und jeder von uns ist einzigartig und braucht dementsprechend auch eine einzigartige Behandlung – auf allen Ebenen und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Der Mensch ist keine Maschine und Heilung keine Reparatur wie bei einem Auto.

Wie wirkt Osteopathie im Rahmen der ganzheitlichen Medizin? Während zumeist gezielt ein ganz bestimmtes Symptom behandelt wird, stehen bei der Osteopathie verschiedene Schwerpunkte im Vordergrund. Die Osteopathie sieht den Körper als ein ganzheitliches Konstrukt, bei dem alle Strukturen miteinander zusammenhängen. Nur wenn Muskeln, Knochen, Organe, Blutgefäße und Faszien im Einklang stehen und beweglich sind, geht es dem Patienten gut. Kommt es in diesem fein abgestimmten Zusammenspiel zu Störungen, treten Beschwerden auf.

Welche gesundheitlichen Vorteile sehen Sie in der regelmäßigen Praxis von Yoga, und wie sollte das im Alltag integriert werden? Yoga ist nicht abhängig von Alter oder Kondition. Es geht vorrangig darum, verschiedene Meditationstechniken mit körperlichen Übungen zu kombinieren. Das hilft nicht nur, in Einklang mit sich selbst zu sein, sondern baut Stress ab und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Die Zeit für Yoga sollte man in die normale Tagesroutine einbauen. Nicht als Aufgabe, die zu erledigen ist, sondern als kleine Auszeit aus dem Alltag.

Welche Prinzipien des Ayurveda, der alten Heilkunst aus Indien, könnten für Menschen nützlich sein? Ayurveda orientiert sich an der individuellen Konstitution sowie dem aktuellen Gesundheitszustand. Ein Prinzip, das sich vermehrt auch in der modernen individualisierten und personalisierten Medizin wiederfindet. Die ayurvedische Lehre unterscheidet in allen Lebensprozessen drei Funktionsprinzipien: Bewegung, Aufbau, Struktur. Nach diesen Prinzipien wird grob auch die Erscheinung des Menschen eingeteilt. Nicht nur körperliche und mentale Zustände werden danach kategorisiert, sondern auch Ernährungs-, Entspannungs- und Behandlungsmethoden.

Fastenkuren werden oft als Reinigung für den Körper und Geist angesehen. Was sind für Sie die wichtigsten Vorteile des Fastens? Beim „heilenden Fasten“ geht es mehr als um rein physiologische Ziele und Optimierungen des Gesundheitszustands. Neben dem therapeutischen Fasten ist Heilfasten auch als Kur zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Neuorientierung beliebt. Daher besitzt Fasten zu Heilzwecken durchaus spirituelle Anteile. Es bietet eine sinnvolle Möglichkeit, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und die Leistungsfähigkeit dank neu mobilisierter Energien zu verbessern. Studien zeigen, dass Fasten bei verschiedenen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Rheumatoider Arthritis oder Fibromyalgie helfen kann.

Inwiefern können Osteopathie, Yoga, und Ayurveda einen ganzheitlichen Lebensstil fördern? Gibt es zwischen ihnen Synergien? Alle drei Ansätze haben zwar verschiedene Herangehensweisen, sie betonen aber übergeordnet die Ganzheitlichkeit. Das ist es, was ich an ihnen so schätze, was sie eint: Bewegung, meditative Aspekte, gesunde Ernährung, Stressreduktion. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um die Signale des Körpers und der Seele wahrzunehmen. So findet man auch seinen individuellen Weg zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.