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16. Mär 2020

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Gesundheit

Die Last mit dem Rücken

Journalist: Armin Fuhrer

Ex-Tennisprofi Michael Stich, Mitbegründer zweier Rückenzentren, fordert, mehr über psychische Probleme als Ursache für Rückenleiden zu reden.

Rückenschmerzen sind heutzutage eine weit verbreitete Volkskrankheit. Woran liegt das?

Das hat zwei Gründe. Zum einen haben die meisten Menschen heute schlicht zu wenig Bewegung. Hinzu kommt oftmals extreme körperliche Belastung im Beruf oder zu vieles Sitzen am Computer und abends auf dem Sofa. Beide Extreme bedeuten für den Rücken aber eine ziemliche Belastung, die zu zeitweiligen oder auch chronischen Schmerzen führen kann.

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Und der zweite Grund?

Bei vielen Menschen, die Probleme mit dem Rücken haben, gibt es auch psychische Ursachen. Diese können sich direkt auf die Rückengesundheit auswirken, weil sie dauerhafte Verspannung auslösen können. Das Problem ist aber, dass in unserer Gesellschaft psychische Probleme oft ein Tabuthema sind. Man redet nicht darüber, denn niemand möchte als schwach angesehen werden. Aber oft ist die Behandlung psychischer Probleme auch der Schlüssel zu einer besseren Rückengesundheit.

Und wenn beides – körperliche Untätigkeit und psychische Probleme – zusammenkommen, kann es besonders schlimm werden?

Ja, solche Menschen tragen oftmals sprichwörtlich eine doppelte Last „auf ihren Schultern“, die sich permanent auf den Rücken auswirkt.

Nun hat jeder mal „Rücken“. Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Klar, jeder hat mal Rückenschmerzen. Aber wenn man nur ab und zu und in größeren Zeitintervallen unter Schmerzen leidet, muss man nicht unbedingt gleich zum Arzt gehen. Da gibt es zunächst erst einmal andere Möglichkeiten, die man ausprobieren kann. Aber wer unter dauerhaften, also chronischen Schmerzen leidet, der sollte unbedingt zu einem Spezialisten gehen. In diesem Fall muss nachgeforscht werden, woher der Schmerz kommt und was seine Ursache ist. Denn wenn der Schmerz chronisch ist, ist er schwer wieder wegzubekommen. Aber natürlich sollte dies das Ziel sein, denn Schmerz kann den Alltag eines Menschen stark beeinträchtigen und sein ganzes Lebensgefühl einschränken.

Wie stehen Sie zu Schmerzmitteln?

Schmerzmittel sind grundsätzlich legitim und werden ja auch von Ärzten verordnet. Sie können dafür sorgen, dass sich die Muskulatur entspannt und man für kurze Zeit schmerzfrei ist. Aber Schmerzmittel sind nie ein Mittel, das häufig und lange angewendet werden sollte.

Was kann man denn im Alltag tun? Was raten Sie als ehemaliger Leistungssportler?

Man kann vorbeugend etwas tun. Es gibt zum Beispiel Übungen, bei denen das Eigengewicht genutzt wird. Jeder kann das machen und jeder sollte sich täglich zehn Minuten Zeit dafür nehmen. Anleitungen kann man leicht im Internet finden. Ich bin auch ein Fan von Move Boards, das sind diese wackelnden Bretter, auf die man sich stellen und das Gleichgewicht halten muss. Dadurch stabilisiert man die Rumpfmuskulatur sehr gut und gibt damit auch dem Rücken Halt. Das kann man zum Beispiel morgens während des Zähneputzens machen. Auch damit beugt man Rückenproblemen vor. So etwas sind ganz einfache Dinge, mit denen man gute Effekte erzielen kann.

Und Sport?

Klar, regelmäßiger Sport ist natürlich hervorragend, wenn man ihn richtig macht. Vor allem Schwimmen halte ich für eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Rückenproblemen vorzubeugen, aber auch, um vorhandene Rückenprobleme zu bekämpfen. Auch ins Fitnessstudio kann man natürlich gehen. Dort kann man sich spezielle Rücken-Übungen zeigen lassen. Aber selbst ich als ehemaliger Leistungssportler weiß aus eigener Erfahrung, dass es schwer sein kann, sich zu motivieren, um zweimal pro Woche oder noch öfter ins Sportstudio zu gehen.

Wenn aber gar nichts mehr hilft, ist ein Besuch beim Spezialisten unumgänglich?

Ja, wenn die Schmerzen zu schlimm sind oder chronisch werden, muss man unbedingt einen Experten aufsuchen, der der Sache auf den Grund geht. Das kann ein guter Physiotherapeut sein oder natürlich eine Klinik wie unsere Rückenzentren in Hamburg und Berlin. Hier arbeiten hervorragende Spezialisten aus verschiedenen Fachgebieten. Sie untersuchen die Patienten ganzheitlich und entwickeln eine individuelle Therapie, wenn nötig.

Auch eine Operation kann unumgänglich werden. Sollte der Patient oder die Patientin in diesem Fall eine zweite Meinung einholen?

Wenn die Frage nach einer Operation ansteht, würde ich das sicher machen. Daraus spricht nicht Misstrauen gegen den behandelnden Arzt, aber eine Operation zum Beispiel an der Bandscheibe ist schon ein ziemlicher Eingriff. Es ist grundsätzlich sehr wichtig, dass der Patient seinem Arzt vertraut, nicht nur im Falle einer Operation. Sollte das nicht so sein – die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein -, sollte man die Konsequenz daraus ziehen und sich einen anderen Arzt suchen.

Schnelle Heilung ist leider nicht möglich, oder?

Als Patient mit chronischen Schmerzen muss man sich selbst bei bester Behandlung darauf einstellen, dass es eine Zeit dauern kann, bis man wieder schmerzfrei ist. Allerdings sollte man die Hoffnung auf ein schmerzfreies Leben niemals aufgeben und immer optimistisch bleiben.

Mit Ihrer Michael-Stich-Stiftung kümmern Sie sich auch um HIV-infizierte und an Aids erkrankte Kinder. Warum dieser Einsatz?

Diese Kinder und ihre Eltern werden auch heute noch immer von der Gesellschaft ausgegrenzt. Das finde ich sehr bedauerlich und falsch und möchte dagegen etwas tun. Ziel der Stiftung ist es, den Kindern ein Lachen zu schenken, ihnen ihr Leben ein wenig zu erleichtern und durch Aufklärung an Schulen dazu beizutragen, vor Neuinfektionen zu schützen.

Mehr Informationen: www.michaelstich.de und www.ruecken-zentrum.de

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.