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18. Dez 2020

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Gesundheit

Digitale Sicherheit des Gesundheitswesens

Journalist: Alicia Steinbrück

Im Gespräch mit Horst-Dieter Beha, dem Vorsitzenden des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter e.V. über den aktuellen Stand der Digitalisierung im Medizin- und Gesundheitsbereich.

Horst-Dieter Beha, Vorsitzender des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter e.V., Foto: Presse

Wie sieht die aktuelle Situation im Bereich der Krankenhaus-IT aus? 

Die Krankenhaus-IT befindet sich seit vielen Jahren in einer Unterfinanzierung. Durch den ständig steigenden Grad der Digitalisierung werden die Anforderungen an eine funktionierende IT in den Krankenhäusern komplexer. Es hat sich über die letzten Jahrzehnte ein regelrechter Zoo an Anwendungen, Schnittstellen und Hardwareausprägungen aufgebaut, der immer schwieriger zu überblicken und verwalten ist. Hier ist eine Konsolidierung notwendig, die seit einiger Zeit auch in Gang gekommen ist. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg zu einer einigermaßen homogenen IT-Struktur im Krankenhauswesen. Dazu kommt, dass zur Betreuung Fachpersonal vonnöten ist, welches schon in der gesamten Branche dünn gesät ist, umso mehr aber in den Häusern selbst, weil die dortigen Gehaltsstrukturen der Öffentlichen Hand nicht mit denen in der Industrie konkurrenzfähig sind. 

Was können Sie sich vorstellen, was im Jahr 2021 besonders spannend wird?

Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) ist nun seit vielen Jahren zum ersten Mal auf Bundesebene politisch ein Instrument geschaffen worden, um gezielt in die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu investieren.  Nicht zuletzt dank der COVID-19- Pandemie ist hier ein notwendiges Umdenken erfolgt. 

Eine wichtige Dauerbaustelle ist die Elektronische Patientenakte. Schon seit 2005 versucht die deutsche Politik hier Fuß zu fassen, um Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, durch die zentrale Speicherung oder Zugänglichkeit von Patientendaten Doppelbehandlungen zu vermeiden oder Risiken rechtzeitig erkennen zu können. 

Welche Faktoren/Rahmenbedingungen sind dafür unabdingbar? 

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bringt Vorteile, aber auch große Herausforderungen für den Datenschutz. Je mehr Patientendaten digital verfügbar sind, desto größer wird die Gefahr, dass Lücken entstehen, die von Hackern ausgenutzt werden, um in Systeme einzudringen und Informationen zu stehlen. Dadurch werden Institutionen erpress-bar, wofür es in der Vergangenheit einige Fälle gab und weitere sicherlich folgen. Somit hat sich als ein wesentlicher Schwerpunkt für die Arbeit des Krankenhaus-IT-Leiters die Gewährleistung des Datenschutzes innerhalb der IT-Infrastruktur herausgeschält. Mit technischen Möglichkeiten erweitern sich die möglichen Angriffsszenarien und damit die vielfältigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.

Aus all dem ergibt sich, dass die IT nicht mehr von wenigen Köpfen beherrschbar ist, sondern in ihrer Vernetzungsstruktur auch auf der menschlichen Seite ein großes Maß an Arbeitsteilung und gemeinsamer Verantwortung erfordert. Seit 25 Jahren hat sich der Bundesverband KH-IT auf die Fahnen geschrieben, Verantwortliche in der Gesundheits-IT zusammenzubringen. So ist zwar eine zunehmende Tendenz der Aufnahme von Anwendungen in die Cloud zu beobachten und wird sich weiter fortsetzen, damit einhergehend aber auch ein Verlust an Transparenz für den einzelnen Akteur. Der Anwender muss sich darauf verlassen können, dass die Software funktioniert. Dieser zunehmend größeren Herausforderung wird sich unsere Gesellschaft auf dem Weg in eine digitale Zukunft stellen müssen.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.