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15. Jul 2024

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Gesundheit

Ein Tool für die Ärzte – mit Dr. Christian Weißenberger

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Gerd Altmann / pixabay, Presse

Im Gespräch mit Dr. Christian Weißenberger, Facharzt für Strahlentherapie und Palliativmedizin.

Portrait_CW_2757x3667px_2024-05-22_pp1acd1_online.jpg Dr. Christian Weißenberger, Leiter des Zentrums für Strahlentherapie Freiburg

Herr Weißenberger, die KI hält mittlerweile Einzug in die Medizin. Sie sind Strahlenexperte in der Krebstherapie. Wie sieht es an dieser Stelle aus?

In der Strahlentherapie sind Ärzte mit der Medizinphysik eng verbunden und nicht zuletzt deshalb sind wir auch eine Art Vorreiter bei der Einführung von KI in der Medizin. Wenn wir ein Planungs-CT – oder neuerdings auch Planungs-MR – erstellen, zeichnen wir Schritt für Schritt ein, an welcher Stelle wir ein von einem Tumor befallenes Gewebe bestrahlen wollen. Um hier genau arbeiten zu können, braucht man viel ärztliche Erfahrung. Diese genaue Einzeichnung ist wichtig, um nicht unnötig gesundes Gewebe oder gesunde Organe mit der Bestrahlung zu belasten. Bei dieser sehr aufwendigen Arbeit kann Künstliche Intelligenz helfen. Allerdings müssen deren Ergebnisse wohl auch in Zukunft noch von einem Strahlentherapeuten oder einer Strahlentherapeutin auf Fehler überprüft werden.

Aber das medizinische Personal wird durch KI entlastet?

Ja. Das Vordringliche ist, dass uns Ärzten mit KI ein Tool in die Hand gegeben wird, mit dessen Hilfe wir effizienter arbeiten können und das den Ärzten ermöglicht, uns auf eine Überwachungsfunktion zurückzuziehen. Wir werden entlastet von repetitiven Aufgaben und können uns damit auf wichtigere Dinge konzentrieren.

Welche Rolle kann ein digitaler Zwilling des Patienten spielen?

An einem Digital Twin können wir bestimmte Behandlungsmethoden „am Patienten“ durchspielen und prüfen, welche individuelle Herangehensweise die Beste ist. Auf diese Weise können Risiken bei der Behandlung von vornherein minimiert werden. Der digitale Zwilling wird derzeit breit erforscht. Ich erwarte mir hier große Vorteile.

Wird der Mensch durch KI ersetzt?

Nein, das passiert ganz sicher nicht. Erstens bleibt er eine Kontrollinstanz und zweitens kommuniziert er persönlich mit dem Patienten. So kann er sich von ihm ein Bild über seinen Gesamtzustand machen, in das unter anderem sein mentaler Zustand einfließt. Und nicht zuletzt kann der Arzt natürlich empathisch auf die Befürchtungen und Ängste des Patienten eingehen. Zu all diesen Dingen ist KI nicht in der Lage.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.