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26. Jun 2019

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Gesundheit

Experten über PMS, Migräne und Hormone

Journalist: Kirsten Schwieger


Foto: Presse

Neurologin Dr. med. Astrid Gendolla (praxis-gendolla.de) über Migräne und Hormone

Hormonelle Schwankungen während des weiblichen Zyklus spielen bei der Auslösung von Migräneattacken eine wichtige Rolle. In meinem klinischen Alltag sehe ich immer wieder, wie wichtig die Zusammenarbeit der beiden Disziplinen Gynäkologie und Neurologie bei der Behandlung von Migräne ist.

Frauen, die unter Migräne leiden, sollten ihren Gynäkologen unbedingt detailliert über Form und Häufigkeit der Attacken informieren. Insbesondere, wenn sie medikamentös verhüten (wollen). Denn bei Migräne-Patientinnen mit Aura kann eine östrogenhaltige Pille – genauso wie bei Frauen mit kardiovaskulären Risikofaktoren – das Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen. Eine östrogenfreie Minipille ist dann eine gute Alternative. In meinem klinischen Alltag habe ich die Erfahrung gemacht, dass reine Gestagenpräparate bei Migräne meist besser vertragen werden, als Kombi-Präparate. Wobei zur Einstufung der Migräne eine hormonfreie Zeit eigentlich wünschenswert wäre, aber das in der Praxis leider oft nicht realistisch ist. Bei schweren oder häufigen Migräneattacken bietet sich auch die Möglichkeit einer hormonellen Prophylaxe an. Dies kann in Form eines Hormonpflasters oder in Form eines sogenannten Tricyclings erfolgen, bei welchem die Pille drei Monate lang ohne Pause eingenommen wird.


Foto: Stefan Straube

Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Zehn bis 15 Prozent der Frauen erkranken nach der Geburt an einer Postpartalen Depression. Sie ist gekennzeichnet durch eine gedrückte Stimmung, Schlafstörungen, Erschöpfungsgefühl, tiefe Freud- und Hoffnungslosigkeit. Es können keine zärtlichen Gefühle gegenüber dem Kind wahrgenommen werden. Dies ist mit quälenden Selbstvorwürfen verbunden, keine gute Mutter zu sein. Fatalerweise werden die Symptome oft als Reaktion auf die Geburt und Pflege des Kindes fehlinterpretiert und deshalb keine ärztliche Hilfe gesucht. Hinzu kommen Scham und Schuldgefühle der Mutter. Dabei ist die postpartale Depression kein persönliches Versagen, sondern eine ernsthafte Erkrankung, die einer konsequenten Behandlung bedarf.

Wichtig ist, sich rasch professionelle Hilfe zu holen. So gelingt es fast immer, die depressive Episode innerhalb weniger Wochen zum Abklingen zu bringen. Die wichtigsten Säulen der Behandlung sind Medikamente und Psychotherapie. Bei schweren postpartalen Depressionen ist eine stationäre Behandlung der Mutter mit ihrem Kind nötig. Anlaufstellen können Hebammen, Frauenärzte und Fachärzte für Psychiatrie sein.

Online-Infos gibt es unter www.deutsche-depressionshilfe.de, eine Liste mit Selbsthilfegruppen und Kliniken unter www.schatten-und-licht.de.


Foto: Presse

Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte über PMS

Bei drei Viertel aller Mädchen und Frauen kommen in den Tagen vor Einsetzen der Menstruation Stimmungstiefs auf. Es gibt leichtere Formen (das Prämenstruelle Syndrom PMS) sowie schwere Ausprägungen (das Prämenstruelle Dysphorie-Syndrom PMDS) mit wirklich belastenden Symptomen, die sich manchmal als eine über Tage anhaltende Depression äußern können. Zur Diagnose braucht es keine Hormonbestimmung, sondern nur den regelmäßigen Zusammenhang mit dem Zyklus. Deshalb ist der erste Schritt, dass die Frau selbst diesen Zusammenhang erkennt. Es wird immer gesagt, dass Sport treiben und der Verzicht auf Schokolade die Symptome mindere. Allerdings geht gerade diese Zeit oft mit besonderem Heißhunger auf Süßes und einer ausgeprägten Unlust auf Sport einher. Mit passenden pflanzlichen Mitteln, die aber lange genug angewendet werden müssen, kann manchmal eine Veränderung erreicht werden. Eine hormonelle Verhütung lässt sowohl das PMS und auch das PMDS meistens komplett verschwinden. Möchte die Frau keine hormonellen Arzneimittel einnehmen, können auch bestimmte Antidepressiva für die kritische Phase verwandt werden. Antidepressiva verändern den Körper aber deutlich mehr als es niedrig dosierte hormonelle Kontrazeptiva tun.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.