9. Mai 2025
|
Gesundheit
Journalist: Kirsten Schwieger
|
Foto: Antonius Ferret/pexels
Endlich Aufwind bei Forschung und Therapie der chronischen Krankheit. Und womöglich übernehmen bald sogar die Krankenkassen die operative Therapie.
Rund vier Millionen Frauen leiden deutschlandweit unter der krankhaften Fettverteilungsstörung Lipödem. Die Zahl der Diagnosen nimmt stark zu – auch, weil die Krankheit mittlerweile mehr Aufmerksamkeit und auch mehr Sichtbarkeit bekommt. So gingen Experten schon früher von einer viel höheren Dunkelziffer aus, da viele Betroffene nicht zum Arzt gehen. Zudem erkennt auch nicht jeder Mediziner zweifelsfrei die chronische Erkrankung, die sich durch beidseitig geschwollene Oberschenkel – und oft auch Arme – manifestiert. Oft wird das Krankheitsbild aufgrund des ähnlichen Beschwerdebildes auch mit Adipositas (Fettleibigkeit) verwechselt. Tatsächlich hat jede zweite Betroffene einen Body-Mass-Index über 30, die offizielle Definition für adipös. Aufgrund falscher oder später Diagnosen wurden viele betroffene Frauen oft jahrelang falsch behandelt.
Unbehandelt schreitet die Krankheit immer weiter voran und durchläuft dabei drei verschiedene Stadien. Im fortgeschrittenen Stadium entstehen zusätzlich Wassereinlagerungen (Ödeme), die das Lymphgefäßsystem schädigen und zu einem Lipo-Lymphödem führen können. In diesem Stadium III verhärtet sich das Gewebe und es entstehen Fettwülste, die das Gehen stark behindern. Schmerzhaft ist das Lipödem aber in jedem Stadium.
Um Schmerzen zu lindern und eine Fortschreitung aufzuhalten, kommt hierzulande am häufigsten die konservative Therapie in Form von Kompressionstherapie und Lymphdrainage zum Einsatz.
Viele Jahre wurden Forschung, Diagnose und Therapie zum Lipödem vernachlässigt – langsam ändert sich das. Aufatmen können die Betroffenen aber noch lange nicht. So ist die Ursache der extrem schmerzhaften Schwellungen – die weder durch Diäten noch Sport verschwinden – immer noch ungeklärt. Neben den Schmerzen und körperlichen Einschränkungen stellt das Lipödem auch eine große psychische Belastung dar. In der aktuellen S2k-Leitlinie wird betont, dass die Betroffenen häufig unter erheblichen psychosozialen Belastungen leiden, die unbedingt in die Behandlung und Betreuung einbezogen werden sollten.
Da die Ursache des Lipödems nicht bekannt ist, kann es noch nicht geheilt werden. Jedoch lässt sich der Verlauf abmildern. Um Schmerzen zu lindern und eine Fortschreitung aufzuhalten, kommt hierzulande am häufigsten die konservative Therapie in Form von Kompressionstherapie und Lymphdrainage zum Einsatz. Um einer Verschlimmerung entgegenzuwirken, ist es zudem wichtig, sein Gewicht zu reduzieren beziehungsweise zu halten – idealerweise durch sportliche Betätigung.
Aktuell werden die ersten Daten einer klinischen Studie ausgewertet, welche die Liposuktion mit der nichtoperativen Standardbehandlung vergleicht.
All diese Maßnahmen können das krankhaft vermehrte Fettgewebe jedoch nicht reduzieren. So ist eine Fettabsaugung (Liposuktion) oft die letzte Hoffnung vieler Betroffener. Hierbei handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose zur Entfernung von überschüssigen Fettansammlungen der betroffenen Körperpartien. In den meisten Fällen sind mehrere Eingriffe erforderlich. Verschiedene Studien belegen, dass der Eingriff die Symptome des Lipödems deutlich bessert, bis hin zur Beschwerdefreiheit – und das meist für viele Jahre. Aktuell werden die ersten Daten einer klinischen Studie ausgewertet, welche die Liposuktion mit der nichtoperativen Standardbehandlung vergleicht. Mit diesen Ergebnissen will die Bundesregierung bis Mitte 2025 einen Beschluss über etwaige Kostenübernahmen in den drei Erkrankungsstadien fassen.
Bis Ende dieses Jahres werden die Kosten einer Liposuktion von den Krankenkassen im Stadium III bei einem Body-Mass-Index unter 35 übernommen.