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21. Dez 2023

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Gesundheit

Kontrolle zurückgewinnen

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Pavel Daniyluk/pexels

Das Umfeld, Selbsthilfegruppen und Therapeuten sowie das Wissen um Therapien und Hilfsmittel können bei der Bewältigung gesundheitlicher Krisen helfen.

Ob eine unerwartete Erkrankung wie Krebs oder Schlaganfall oder chronische Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose: Eine schwere Diagnose kann Menschen völlig aus der Bahn werfen. Der anfängliche Schockzustand geht meist über in ein Gefühlschaos aus Angst, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Wut und Scham. Betroffene wähnen sich in einem Albtraum, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Eine schwere Diagnose wird in der Regel als extremer Kontrollverlust wahrgenommen.

Wie Betroffene mit einer solchen Diagnose umgehen, kann sehr verschieden sein. Manche zeigen sich kämpferisch, andere ziehen sich zurück oder werden gar in einen Strudel von Überforderung, Mut- und Hoffnungslosigkeit gerissen. Grundsätzlich raten Experten Betroffenen, sich genügend Zeit zu nehmen, die Diagnose zu verarbeiten. Ein kurzzeitiger Rückzug kann als Selbstschutz notwendig sein. Prinzipiell sollten Betroffene aber offen über ihre Erkrankung reden. Die eigene Fassungslosigkeit in Worte zu fassen helfe, aus der Erstarrung herauszukommen. Gespräche mit den Ärzten verschaffen einen Überblick, wie es weitergeht. Manchen Betroffenen hilft es auch, sich umfassend über ihre Erkrankung zu informieren. Wenn dies aber keine Ängste nimmt, sondern diese weiter schürt, ist davon abzuraten. Gut ist, wenn das Wissen mehr Sicherheit bei schwierigen Entscheidungen verschafft. Manchmal hilft auch die Gewissheit, in dieser Krise nicht allein zu sein: Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Auch der Kontakt zu Familie, Freunden und Arbeitskolleginnen sollte aktiv gesucht werden, beziehungsweise signalisiert, dass erwünscht. Fühlen sich die Betroffenen mit ihren Ängsten und Sorgen ernst genommen, kann dies eine große Unterstützung sein. Grundsätzlich sollten Nahestehende den Betroffenen signalisieren, die Diagnose gemeinsam zu verarbeiten und für sie da zu sein. Ratsam ist auch, sich über die Erkrankung und medizinischen Bedürfnisse des Angehörigen oder Partners zu informieren und ihm den Alltag zu erleichtern. Was nicht bedeutet, ihn ständig zu umsorgen oder mit gut gemeinten Ratschlägen zu überschütten. Auch der Appell, man müsse nur positiv denken, um wieder gesund zu werden, setzt kranke Menschen extrem unter Druck. Plattitüden wie „das wird schon wieder“ sind ebenso wenig hilfreich. Oft meiden Arbeitskollegen oder Nachbarn aus Hilflosigkeit oder falscher Rücksicht das Gespräch ganz. Wenn sich das Umfeld distanziert, ist das für Betroffene allerdings sehr belastend.

Mit der Zeit lichtet sich dann bei vielen von ihnen das emotionale Chaos und das Gefühl des Kontrollverlusts. Nicht wenige Betroffene stürzt die Diagnose aber auch in schwere seelische Krise, die ohne professionelle Unterstützung nur schwer zu bewältigen ist. Denn einschneidende Diagnosen haben meist auch psychische Auswirkungen, wie depressive Verstimmungen oder gar Depressionen. Wenn sich Angst und Verzweiflung nicht verringern, sondern verstärken und von Antriebslosigkeit und Hoffnungslosigkeit begleitet werden, sollte spätestens professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Viele Betroffene scheuen sich allerdings davor, eine Beratungsstelle oder gar einen Psychologen aufzusuchen. Hier kann das Umfeld helfen, den Betroffenen unbegründete Bedenken und Vorbehalte zu nehmen.

 

Speziell ausgebildete Therapeuten, wie Psycho-Onkologen oder Verhaltenstherapeuten unterstützen dabei, Ängste abzubauen und besser mit der Erkrankung umzugehen. Unterstützung bei der Suche und Auswahl konkreter Therapeuten bieten behandelnde Ärzte und Krankenhäuser, Selbsthilfegruppen, lokale Krisendienste und Beratungsstellen, die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder Online-Plattformen wie psychenet.de.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.