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8. Mai 2019

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Gesundheit

Krankheiten vorzeitig erkennen: Molekulardiagnostik macht es möglich

Journalist: Frank Tetzel

Ziel eines jeden guten Arztes ist es, eine individuell auf den Patienten zugeschnittene Therapie zu entwickeln. Doch erst durch die Entwicklung der personalisierten Medizin, von vielen Forschern auch individualisierte Medizin genannt, gelangte auch die Molekulardiagnostik in den Mittelpunkt der Betrachtung.

 „Molekulardiagnostik ist die Voraussetzung für eine personalisierte Medizin. Wir Wissenschaftler forschen schon seit Jahren nach charakteristischen Merkmalen, mit denen sich beispielsweise Krebs früher erkennen und gezielter behandeln lässt“, erläutert dann auch Professor Dr. Johannes Herrmann, Professor für Biologie und Leiter der zellbiologischen Abteilung der Technischen Universität Kaiserslautern.

Dr. Johannes Herrmann, Professor für Biologie und Leiter der zeltbiologischen Abteilung der Technischen Universität Kaiserslautern, Foto: Presse

Seitdem vor knapp zwanzig Jahren das menschliche Genom entschlüsselt wurde, hat sich das medizinische Wissen über Krankheiten, ihre Entstehung, aber auch von Umwelteinflüssen vermehrt und verändert. Die Molekulardiagnostik bewegt sich dabei auf einem Grenzbereich zwischen Biochemie, Genetik und Medizin. Mit Hilfe der Molekulardiagnostik ist es beispielsweise möglich, körperfremde Erbinformationen von Bakterien, Viren oder Pilzen, die sich im menschlichen Körper befinden, frühzeitig zu erkennen. „Zahlreiche dieser molekularen Indikatoren, wir sprechen auch von sogenannten „Biomarkern“, sind inzwischen bekannt. Diese können die Diagnose und Behandlung von Krankheiten deutlich verbessern“, berichtet Professor Herrmann weiter.

„Mit molekulargenetischen Untersuchungsmethoden können wir nach Genveränderungen – Mutationen – in den Erbanlagen suchen. In den neuen Untersuchungsmethoden werden Millionen von DNA- und RNA-Fragmenten gleichzeitig analysiert. So kann beispielsweise nach Krebserkrankungen, aber auch nach anderen schweren Krankheiten gesucht werden.

Die molekulare Diagnostik ist auch deshalb so bedeutend, da sie über die molekularen Informationen Voraussagen zu einem möglichen Krankheitsverlauf oder zum voraussichtlichen Ansprechen auf eine geplante Therapie möglich macht.

Viele Molekulardiagnostik-Verfahren wurden erst durch die deutlichen Fortschritte in den Sequenzierungstechniken möglich, durch die sich das Erbgut eines jeden einzelnen quasi lesen lässt. Die Anwendungen hierzu sind vielfältig, beispielsweise in der Labormedizin, in der Humangenetik und in der Krebsdiagnostik.

„Molekulare Tests machen die frühe Identifizierung bestimmter Erkrankungsrisiken möglich, womit die Effizienz bestehender Präventionsprogramme erhöht werden kann. Damit bietet die molekulare Diagnostik der modernen Medizin die nötigen Mittel für den Entwurf völlig neuer Strategien im Kampf gegen akute sowie chronische Erkrankungen“, erklärt Professor Herrmann.

„Auch beim Neugeborenen-Screening, bei dem Babys auf inzwischen 15 seltene Erkrankungen getestet werden, kann die molekulare Diagnostik eingesetzt werden. Ein frühzeitiges Erkennen von Erkrankungen kann sowohl Verlauf als auch Behandlung entscheidend beeinflussen“, so der Zellbiologe weiter.

Es gibt aber auch Aspekte der Molekulardiagnostik, die nicht ganz unumstritten sind. Kritiker wenden ein, dass die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit damit verschoben werden, da die Auswirkungen dieses Wissens, das sich in vielen Fällen auf statistische Werte beruft, auf das weitere soziale, berufliche, psychische Leben und möglicherweise auch auf eine versicherungsrechtliche Einordnung haben kann.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.