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12. Jun 2024

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Gesundheit

Lipödem im Alter

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Ron Lach/pexels

Wie sich die Wechseljahre auf die chronische Fettverteilungsstörung auswirken und welche Behandlungsmöglichkeiten betroffene Frauen haben.

Geschwollene Beine und oft auch Arme: Wenn die Schwellungen symmetrisch an beiden Gliedmaßen auftauchen und zudem noch schmerzen, handelt es sich oft um ein Lipödem. Auch wenn der Name es vermuten lässt, handelt es sich bei den Schwellungen nicht um Ödeme, sondern um eine unkontrollierte Vermehrung des Unterhautfettgewebes. Manchmal ist in das betroffene Gewebe zusätzlich Flüssigkeit eingelagert. Die chronische Fettverteilungsstörung trifft fast nur Frauen. Rund vier Millionen Betroffene leiden hierzulande darunter. Wobei Experten von einer viel höheren Dunkelziffer ausgehen, da viele Betroffene nicht zum Arzt gehen. Zudem erkennt auch nicht jeder Mediziner zweifelsfrei ein Lipödem. Oft wird das Krankheitsbild aufgrund des ähnlichen Beschwerdebildes mit Adipositas (Fettleibigkeit) oder einem Lymphödem verwechselt. Bei Verdacht auf ein Lipödem sollte ein Facharzt für Phlebologie, Angiologie oder Lymphologie konsultiert werden. Auch einige Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie sind auf die Diagnose und Behandlung des Lipödems spezialisiert.

Ein Lipödem wird in drei Stadien und verschiedene Typen eingeteilt, wobei das Schmerzempfinden unabhängig vom Stadium beziehungsweise Gewebeumfang ist. Die Ursachen des Lipödems sind vermutlich genetisch und hormonell bedingt. Die chronische, fortschreitende Erkrankung kommt oft bereits während der Pubertät auf. Aber auch nach einer Schwangerschaft oder während der Wechseljahre können Frauen ein Lipödem entwickeln. Ein bereits bestehendes Lipödem kann zudem durch die Wechseljahre noch intensiviert werden. So erleben viele Betroffene in dieser Zeit der hormonellen Schwankungen einen Schub und damit eine Verschlimmerung von Schmerzen oder Schwellungsneigung. Darüber hinaus neigt das betroffene Fettgewebe im Alter dazu, sich weiter zu vermehren, was zu einer erheblichen Zunahme des Umfangs der betroffenen Körperteile führt. So kann ein Lipödem im fortgeschrittenen Alter die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die eingeschränkte Mobilität und die chronischen Schmerzen erschweren alltägliche Aktivitäten und führen nicht selten zu sozialem Rückzug.

Die konservative Therapie eines Lipödems besteht aktuell aus umfassenden, multimodalen Behandlungsmaßnahmen, welche unter dem Begriff Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) zusammengefasst werden. Diese dient in erster Linie einer Verbesserung des Lymphflusses und der Schmerzreduktion. Die KPE kombiniert Manuelle Lymphdrainage (MLD) mit Kompressionstherapie. Durch regelmäßige Lymphdrainagen durch die Hände eines Physiotherapeuten wird der Lymphfluss aus dem Körpergewebe in die Lymphbahnen gelenkt. Maßgeschneiderte, flachgestrickte Kompressionsware an Beinen und Armen konserviert quasi das Ergebnis der MLD. Abgerundet wird die Therapie durch Hautpflege, gesunde Ernährung beziehungsweise Gewichtsreduktion sowie entstauungsfördernde Sportarten wie Nordic Walking oder Schwimmen. Zur Linderung der Symptome muss die konservative Therapie allerdings konsequent und meist lebenslang durchgeführt werden.

Bringt die konservative Methode keine Schmerzlinderung, kann eine Liposuktion in Erwägung gezogen werden. Hierbei handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose zur Entfernung von überschüssigen Fettansammlungen der betroffenen Körperpartien. In den meisten Fällen sind drei Eingriffe erforderlich. Verschiedene Studien sprechen für einen Therapieerfolg.

Kostenübernahme

Aktuell läuft eine klinische Studie, in der die Liposuktion mit der nichtoperativen Standardbehandlung des Lipödems verglichen wird. Mit den Ergebnissen der LIPLEG-Studie will die Bundesregierung bis Mitte 2025 einen Beschluss über etwaige Kostenübernahmen in den drei Erkrankungsstadien fassen. Bis Ende dieses Jahres werden die Kosten einer Liposuktion von den Krankenkassen im Stadium III bei einem Body-Mass-Index unter 35 übernommen.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.