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27. Jun 2024

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Gesundheit

Lückenlose Netzwerk-Pflege

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Mart Production/pexels

Die Telematikinfrastruktur optimiert Arbeits- und Organisationprozesse in der ambulanten und stationären Pflege und bringt diese näher an Praxen und Apotheken.

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland steigt. Schon heute sind über fünf Millionen Menschen auf Pflege angewiesen, im Jahr 2035 werden es über sechs Millionen sein. Die Pflege spielt daher eine immer wichtigere Rolle in der Gesundheitsversorgung. Um das Personal zu entlasten und die Versorgungsqualität zu erhöhen, braucht es digitale Lösungen. Die Teilnahme an der digitalen Infrastruktur des deutschen Gesundheitssystems, der Telematikinfrastruktur (TI), erleichtert und optimiert die Arbeit in Pflegeheimen und bei Pflegediensten auf vielfältige Weise. Ab Juli 2025 ist die TI-Anbindung für diese verpflichtend.

Die TI vernetzt die Pflege mit anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie beispielsweise Fach- und Hausarztpraxen, Apotheken, Physiotherapiepraxen oder Krankenkassen. Zu dem geschlossenen Netz erhalten nur registrierte Personen oder Institutionen Zugang, was den sicheren Austausch von Informationen gewährleistet. Für den Pflegebereich bedeutet dies beispielsweise, dass Ärzte Patienten schneller als bisher überweisen können und Verordnungen zügiger bei der entsprechenden Pflegeeinrichtung eingehen. Die Pflegeeinrichtungen ihrerseits profitieren durch Nutzung des elektronischen Rezeptes (eRezept) beispielsweise von schnelleren Medikamentenbestellungen bei Apotheken. Die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) mit zentralem Verzeichnisdienst, Adressbuch und elektronischem Arztbrief (eArztbrief) ist ein wesentlicher Bestandteil der TI. Rückfragen lassen sich auch schnell und unkompliziert mittels TI-Messenger klären. Die sektorenübergreifende digitale Kommunikation mit Kranken- oder Pflegekassen baut zudem Bürokratie ab und reduziert den Verwaltungsaufwand.

Dokumentiert werden soll die Pflege zukünftig komplett in der sogenannten elektronischen Patientenakte (ePA). Dort werden sämtliche relevante Patientendaten aller Leistungserbringer gesammelt. Die Pflegefachkräfte können somit auf umfassende und aktuelle medizinische Daten der Patienten zugreifen, unabhängig davon, wo diese behandelt wurden. Der ebenso unkomplizierte wie sichere Zugriff auf Arztberichte, Befunde, Röntgenbilder, Laborberichte oder Verordnungen verbessert die Kontinuität der Pflege und reduziert doppelte Untersuchungen. Die Pflegeeinrichtungen selbst können über das System Vitalwerte oder weitere Daten aus der Pflegedokumentation wie Anamnese oder Planung an den verantwortlichen Arzt oder ein behandelndes Krankenhaus übermitteln. Dieser lückenlose, schnelle Austausch verbessert die Versorgungsqualität erheblich und gibt Zeit frei für Kernaufgaben.

Die TI ermöglicht zudem eine präzise Überwachung der Medikation. So soll der Medikationsplan unter der Bezeichnung elektronischer Medikationsplan (eMP) zukünftig digital auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) der Pflegebedürftigen gespeichert und geführt werden. Die Speicherung von Stammdaten, medikationsrelevanten Informationen, Dosishöhe, Einnahmehäufigkeit und -zeitpunkt soll Medikationsfehler verhindern. Auch ein Notfalldatenmanagement (NFDM) ist auf der eGK gespeichert, damit im Notfall alle relevanten Informationen zum Patienten abgerufen werden können.

Interessanter Fakt:

Die für die Telematikinfrastruktur verantwortliche Nationale Agentur für Digitale Medizin stellt auf ihrer Webseite www.gematik.de eine Onboarding-Checkliste für Pflegeeinrichtungen zur Verfügung.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.