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13. Dez 2023

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Gesundheit

Männer: Besser als ihr Ruf?

Journalist: Carsten Frederik Buchert

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Foto: Felix Burda Stiftung

Immer noch hält sich hartnäckig das Gerücht, Männer seien das schwächere Geschlecht beim Darmcheck. Als "Vorsorgemuffel" wird der Mann gern tituliert. Er würde sich weniger für seine Gesundheit interessieren und wäre nur dann bereit zum Arzt zu gehen, wenn er es vor Schmerzen kaum noch selbst in die Praxis schaffen würde. So ungefähr.
Stimmt das?

Wie das Auto in die Werkstatt, so der Mann zum Arzt - aber erst dann, wenn es schon nicht mehr so "rund läuft". So lautet das allgemeine Klischee.

Aber nicht nur Schauspieler Wayne Carpendale fällt aus dieser Rolle.

Erstens ist die Diffamierung einer Personengruppe aus verhaltenspsychologischer Sicht nicht zielführend, da die so klein gemachten Männer sich durch das Looser-Framing ja nicht unbedingt motiviert fühlen, die Vorsorgeangebote gegen Krebs wahrzunehmen.

Und zweitens?
Dieses Bild vom Mann ist uralt und schlicht falsch.

2018 ließen sich beispielsweise 1,7 % der anspruchsberechtigten Frauen und 1,9 % der anspruchsberechtigten Männer in präventiver Absicht koloskopieren. Abgesehen davon, dass die Männer hier also die Nase vorn haben, sieht man auch, dass die unterschiedlichen Inanspruchnahmeraten der Vorsorgedarmspiegelung - im Vergleich der Geschlechter –  nicht mehr wirklich statistisch relevant ist – und seit Längerem bereits übrigens.

Trotzdem wird das Narrativ des Vorsorgemuffels gern und häufig neu bedient.
Vielleicht schaffen wir es aber endlich mit diesen neuen Daten, die Männergesundheit ins rechte Licht zu setzen.
Beim Stuhltest nämlich gibt es jetzt überraschende Auswertungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung:

So lag die Rücklaufquote für den iFOBT (immunologischer Stuhltest zur Vorsorge und Früherkennung von Darmkrebs) bei den Männern im ersten Halbjahr 2022 bei 78%, wohingegen nur 76,6% der Frauen die ausgegebenen Stuhltests auch tatsächlich durchführten.

Vor der Pandemie war der Vorsprung - wenn wir es denn so nennen wollen - der Männer sogar noch signifikanter: Im ersten Halbjahr 2019 wurden 81,5% der Tests durchgeführt und im Labor ausgewertet, von den Frauen nur 77,7%.

Männer verzeichnen somit durchgehend seit 2019 höhere Rücklaufquoten beim immunologischen Stuhltest als Frauen.

Wohlgemerkt: Es handelt sich nicht um Teilnahmeraten (wieviel Prozent der Anspruchsberechtigten nehmen einen Test mit nach Hause), sondern um Rücklaufquoten (wieviel Prozent, der an Versicherte ausgegebenen Tests, werden auch tatsächlich durchgeführt).
In absoluten Zahlen werden nämlich weniger Tests an Männer ausgegeben als an Frauen.

Ziel müsste es demnach sein, überhaupt erst einmal mehr Stuhltests an den Mann zu bringen.
Denn die Bereitschaft der Männer, diese Tests auch durchzuführen, ist sehr hoch. Ein großartiges Potential also für die Prävention von Darmkrebs in Deutschland. Und hoffentlich auch ein Ende des Märchens vom männlichen Vorsorgemuffel.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.