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11. Jul 2025

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Gesundheit

„Mein Körper ist mein Freund, trotz MS“ – mit Anna Kraft

Journalist: Julia Butz

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Foto: Presse

„Es gibt einige Mythen über MS, mit denen man dringend aufräumen muss“, sagt die ehemalige Leistungssportlerin und Sportmoderatorin Anna Kraft.

Anna Kraft lebt seit 2015 mit der Diagnose Multiple Sklerose. Sie moderiert unter anderem Fußballspiele fürs Fernsehen und hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter auch eines über ihr Leben mit MS. Frau Kraft, was ist Ihnen in Bezug auf MS wichtig? Was kann helfen, die Krankheit besser zu verstehen? Ich stelle immer wieder fest, wie stark das Bild von MS in der Gesellschaft von alten Vorurteilen geprägt ist. Viele Menschen denken bei MS automatisch an Rollstühle und schwere körperliche Einschränkungen. Das entspricht heute oft nicht mehr der Lebensrealität vieler Betroffener. Natürlich erlebt jeder MS anders, jeder hat andere Symptome und eigene „Dämonen“. Aber die Medizin hat große Fortschritte gemacht. Heute lässt sich MS oft gut behandeln und viele Betroffene führen ein erfülltes Leben – natürlich mit Herausforderungen, aber meist weniger einschränkend, als viele denken.

Welches sind die Mythen über MS, die korrigiert werden müssen? Zum Beispiel ist MS keine chronische Erbkrankheit. Auch der Glaube, man könne mit MS keine Kinder bekommen oder nicht stillen, stimmt so nicht. Es gibt mittlerweile moderne Immuntherapien, die auch während des Stillens sicher sind. Ein weiterer Irrtum ist, dass MS im Krankheitsverlauf zwangsläufig immer schlimmer wird. Heutzutage kann die MS viel früher erkannt und somit effektiver mit einer Therapie begonnen werden, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt und Nervenschäden vorbeugt.

Ist das auch der Grund, warum Sie Ihren Beruf als Moderatorin weiter ausleben können? Definitiv! Meine körperlichen Einschränkungen wie Gleichgewichtsprobleme, Ameisenkribbeln unter der Haut und kleine Spastiken in der Hand sind händelbar und lassen sich in meinem Beruf, wenn mir danach ist, gut kaschieren. Fatigue und Nebel im Kopf – der sogenannte „Brain Fog“ – ärgern mich bei hohem Stresslevel und Schlafmangel viel mehr. Ich muss achtsamer mit meinem Körper umgehen als vor der Diagnose. Ausreichend Schlaf, Reisen besser planen und mir Zeit zur Akklimatisierung nehmen, gute Ernährung und möglichst wenig Stress sind für mich essenziell. Das ist für jeden wichtig, aber mit MS spüre ich die Auswirkungen sofort! Das Thema Selbstfürsorge hat einfach ein ganz anderes Gewicht bekommen. Zum Glück bin ich eh eher der Sneaker-Typ und muss keine High Heels tragen, da gibt’s dann eher selten Probleme mit dem Gleichgewicht (lacht).

Wie bauen Sie Sport in Ihren Alltag ein? Sport ist nach wie vor sehr wichtig für mich, auch wenn ich heute nicht mehr so trainieren kann wie vor 10 Jahren. Früher dachte ich, nur hartes Training zählt wirklich – das habe ich abgelegt. Eine Stunde zügig spazieren gehen ist für mich heute genauso wertvoller Sport. Es geht nicht mehr darum, den Körper an seine Grenzen zu bringen oder immer den inneren Schweinehund überwinden zu müssen. Jetzt steht im Vordergrund, was meinem Körper guttut.

Hat sich die Beziehung zu Ihrem Körper durch die Krankheit verändert? Ich habe meinen Körper aus dem Leistungssport geliebt, er war immer mein Freund. Mit der Erkrankung kam plötzlich das Gefühl, er sei mein Feind und würde gegen mich kämpfen. Mit diesem neuen Verhältnis musste ich erst umgehen lernen. Seitdem ich offen darüber spreche, fühle ich mich viel freier. Die ständige Erklärungsnot, warum ich Termine verschieben oder mich krankmelden musste, war einfach sehr belastend und hat mich emotional erschöpft. Das Öffentlich-machen gehört für mich auch zur Eigenverantwortung dazu. Aber natürlich muss das jeder erst einmal für sich selbst herausfinden.

Inwiefern schenkt Ihnen der Austausch mit anderen Betroffenen Kraft? Der Welt-MS-Tag ist für mich immer wieder ein besonderer Moment, an dem wir einander bestärken. Für viele – und auch für mich – ist er jedes Jahr ein weiterer Meilenstein. Das Wichtigste ist: Auch mit MS kann man ein erfülltes Leben führen, das Leben genießen und neue Perspektiven entdecken. Ich habe gelernt, dass die Krankheit zwar Herausforderungen bringt, aber auch neue Stärke und Gelassenheit schenkt. Die Therapien sind vielfältig und die Forschung macht große Fortschritte. Ich formuliere es gern so: MS ist wie ein ungeliebtes Familienmitglied. Man will eigentlich nichts damit zu tun haben, aber irgendwann, meist an Weihnachten, steht es dann eh vor der Tür. Und mit der Zeit findet es auch seinen Platz und gehört einfach dazu.

Factbox

Fußball ist für Anna Kraft nicht nur Berufsalltag, sondern echtes Hobby. Kulinarisch genießt sie gern Pasta, doch auch eine Stadionwurst gehört für sie zu einem perfekten Fußballerlebnis dazu.

11. Jul 2025

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Gesundheit

Wertvolle Familiengesundheit – Ein Beitrag von Dr. Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes e. V.

Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Seit den letzten globalen Krisen und Ereignissen sind Familien, insbesondere ihre jüngsten Mitglieder, körperlich und psychisch stark unter Mitleidenschaft gezogen. Eltern und Kinder geraten immer wieder an die Grenzen ihrer gesundheitlichen Belastbarkeit. Manchmal reicht bereits der Alltag aus, um Stressfaktoren überhandnehmen zu lassen. Die Gesundheit von Familien ist jedoch nicht nur ihre persönliche Angelegenheit, sondern grundlegend für das Wohl der gesamten Gesellschaft. Dass es den Kindern gut geht, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – der Eltern an sich natürlich, aber auch der Politik, die die Leitplanken für eine gute Vor- und Nachsorge stellen muss. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gesundheitsvorsorge, damit Eltern und Kinder durch Belastungen gar nicht erst ernsthaft krank werden. Ein sehr gutes Beispiel solcher Vorsorgeeinrichtungen sind die Mutter-Kind-/Vater-Kind-Kuren, die eine Pflichtleistung der Gesetzlichen Krankenversicherung darstellen, leider aber immer noch nicht alle kurbedürftigen Eltern erreichen. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Kurprogramme bei Eltern schlichtweg nicht bekannt sind. Hier sollte es uns ein großes Anliegen sein, diese wichtige Komponente des Gesundheitsschutzes unter den Eltern deutlich geläufiger zu machen. Die Möglichkeiten, präventiv oder gesundheitsfördernd zu wirken, sind in der Tat vielfältig: Workshops zu gesunder Ernährung sowie Bewegung oder zur Stressbewältigung. Kochkurse, Sportprogramme, Schulungen zur Unfallverhütung im Haushalt und viele mehr ergänzen die Vorsorgevielfalt. Hilfreich ist, wenn sie die Bedürfnisse von Familien berücksichtigen. Doch in der Verantwortung stehen Eltern selbst. Bei ihnen fängt Familiengesundheit überhaupt erst an. Dazu gehört die Weitergabe von gesunden Lebensgewohnheiten genauso wie die emotionale Unterstützung. Keine noch so gute Vor- und Nachsorgemaßnahme genügt, wenn sich Familien nicht darauf verlassen können, dass sie sie im Bedarfsfall auch erhalten. Es ist daher unabdingbar, dass die Finanzierung von Angeboten sichergestellt ist. Auch, wenn die Diskussionen um die Geldmittel in diesen Tagen intensiv geführt werden, muss die Familiengesundheit unserer Gesellschaft einiges Wert sein. Hier zu sparen, bedeutet an der Gesundheit zu sparen. Ein falscher Ansatz! Für das körperliche und seelische Wohlbefinden ihrer Liebsten engagieren sich Familienmitglieder zuallererst selbst. Sie informieren sich, beugen vor, unterstützen hilfsbedürftige Angehörige und bilden auch starke Unterstützungsnetzwerke außerhalb der Familie. Daher ist auch die Frage relevant: Was können Familien selbst für die Gesundheit tun? Darauf erhalten Sie in diesem Heft Tipps, Hintergrundinformationen und vielfältige Anregungen. Im Mittelpunkt steht dabei der Wert von gegenseitiger Unterstützung, von gemeinsam verbrachter Zeit und einem harmonischen Familienleben, um das Wohlbefinden aller Familienmitglieder zu fördern. >Für das körperliche und seelische Wohlbefinden ihrer Liebsten engagieren sich Familienmitglieder zuallererst selbst. Sie informieren sich, beugen vor, unterstützen hilfsbedürftige Angehörige und bilden auch starke Unterstützungsnetzwerke außerhalb der Familie.