13. Mär 2024
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Gesundheit
Journalist: Kirsten Schwieger
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Foto: Edward Jenner/pexels
Biotechnologie revolutioniert die Gesundheitsbranche. Allerdings wird es hiesigen Start-ups oft unnötig schwer gemacht. Regionale Initiativen wollen das ändern.
Die Pandemie hat die Biotechnologie weltweit boomen lassen. Derart geboostert ist sie zum Innovationsmotor geworden. Durchbrüche in Gentherapie, Arzneimittelforschung sowie personalisierter und regenerativer Medizin haben den Gesundheitssektor revolutioniert. Der US-amerikanische Pharma-Riese Moderna beispielsweise plant noch in diesem Jahrzehnt nicht nur ein Krebsvakzin, sondern auch Impfstoffe gegen Autoimmunerkrankungen und Herz-Kreislauf-Krankheiten zu lancieren. Mit Spitzentechnologien, Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen entwickelt eine wachsende Zahl an Biotech-Start-ups neuartige Medikamente, Diagnosewerkzeuge und Therapien für eine Vielzahl von Krankheiten.
Auch die deutsche biotechnologische Forschung überzeugt mit innovativen Technologieplattformen wie Gen- und Zelltherapie, Antikörper- und RNA-Technologien. Als größter Pandemie-Gewinner hierzulande treibt das Mainzer Biotech-Unternehmen BioNTech mit seinen Einnahmen aus dem Verkauf des Covid-Impfstoffs aktuell seine mRNA-Plattformen zur Krebstherapie voran. Die Hoffnung, dass BioNTechs Aufstieg die gesamte Branche ins Schlepptau nimmt, hat sich bisher allerdings (noch) nicht bestätigt. Das liegt zum einen daran, dass kein Start-up über eine 36 Milliarden Euro schwere Kriegskasse wie BioNTech verfügt. So fehlt es Gründungswilligen insbesondere in der Wachstumsphase an Kapital. Auf dem langwierigen Weg zu einem marktfähigen Produkt ist der Kapitalbedarf eines Biotech-Start-ups schlichtweg riesig. Zum anderen hapert es an förderlichen Strukturen und Rahmenbedingungen, um Produktentwicklungen voranzutreiben und wissenschaftliche Forschung in erfolgreiche Unternehmen zu überführen. Neben regulatorischen Hemmnissen wird es Ausgründungswilligen oft unnötig schwer gemacht, intellektuelles Eigentum oder Patente von Hochschulen und Forschungseinrichtungen in ihren Start-ups einzusetzen. Als stark in der Forschung aber schwach in der Umsetzung charakterisieren Experten die hiesige Biotech-Branche.
Der Blick ins Ausland zeigt, dass es besser gehen kann. Hier arbeiten Wirtschaft, Wissenschaft und staatliche Einrichtungen oft sehr eng interdisziplinär zusammen. In Israel beispielsweise unterstützt der FutuRx-Inkubator Biopharma-Unternehmen im Frühstadium bei der erfolgreichen Entwicklung von Medikamenten, indem er das Fachwissen von Forschern und Managementteams mit dem technologischen Inkubatorprogramm der israelischen Innovationsbehörde zusammenbringt. Auch in Sachen Kapitalknappheit gibt es innovative Lösungsmodelle. Die gemeinsame Nutzung von Laboren (Shared Labs) beispielsweise wird den USA bereits seit Jahrzehnten erlaubt und praktiziert. Ein Umstand, der den Kapitalbedarf dort ansässiger Biotech-Start-ups merklich reduziert.
Hierzulande bleiben staatliche Maßnahmen zur Stärkung des Biotechnologie-Standortes Deutschland überschaubar. Ein Lichtblick sind dagegen Initiativen auf regionaler Ebene, die sich Konzepte wie Kollaboration, Shared Knowledge und -Labs zum Vorbild nehmen, um Biotech-Netzwerke und Cluster in Deutschland zu etablieren und zu stärken.
Nach zwei Rekordjahren floss 2022 deutlich weniger frisches Kapital in die deutsche Biotechnologie-Branche: Die Kapitalaufnahme sank von 2,4 Milliarden auf 812 Millionen Euro – ein Rückgang um 67 Prozent. Die Risikokapitalfinanzierung ist gegenüber dem Vorjahr stark eingebrochen – von 752 auf 389 Millionen Euro (minus 48 Prozent) – und lag damit wieder auf Vor-Pandemieniveau. Quelle: Deutscher Biotechnologie-Report 2023