14. Jun 2022
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Gesundheit
Journalist: Chan Sidki-Lundius
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Foto: Presse, Corina Rainer/unsplash
Schlafstörungen gehören zu den typischen Erkrankungen des Alters, sagt der führende Schlafmediziner und Schlafforscher, Prof. Dr. Ingo Fietze.
Prof. Dr. Ingo Fietze, Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité und Vorsitzender der Deutschen Stiftung Schlaf
Herr Professor, wie steht es um den Schlaf im Alter?
Studien zeigen, dass der Schlaf ebenfalls altert, wie etwa auch die Haut. Außerdem wissen wir heute, dass der für die Gesundheit so wichtige Tiefschlaf kürzer wird und die Wachphasen zunehmen. Auch ist der Schlafrhythmus häufig nach vorn verlagert, Senioren werden also abends früher müde. Wenn man mehr als drei Monate schlecht schläft, spricht man von einer chronischen Insomnie. Ursache können auch die im Alter häufigen nächtlichen Beinbewegungen (PLMD) sein oder das weit verbreitete Schnarchen mit Atemaussetzer. Unter dem Strich kann sich in der Altersgruppe der über 65-Jährigen nur jeder Fünfte über einen guten gesunden Schlaf freuen.
Was zeichnet denn gute Schläfer aus?
Sie schlafen nachts mindestens sechs bis sieben Stunden ohne nennenswerte Störungen und sind tagsüber nicht müde. Ein Nickerchen am Tag ist übrigens kein Ersatz für den Nachtschlaf, zumindest nicht für die Kopfgesundheit.
Hat schlechter Schlaf gesundheitliche Folgen?
Durchaus. Menschen, die über mehrere Jahre schlecht schlafen, haben eine hohe Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Zucker und Krebserkrankungen. Ferner gibt es einen Zusammenhang zwischen der Psyche und Schlafstörungen. Depressionen etwa können Schlafstörungen auslösen, aber auch umgekehrt. Und da ist ein Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Alzheimer. Während des Nachtschlafs, vor allem in der zweiten Nachthälfte, wird das Gehirn „gesäubert“, eben auch von den Alzheimer-Eiweißen. Grundsätzlich ist schlechter Schlaf meist eine chronische Krankheit und wir als Gesellschaft müssen uns daher mehr mit dem Thema beschäftigen.
Muss man sich mit schlechtem Schlaf abfinden?
Nein, schlechter Schlaf sollte nicht monate- oder jahrelang hingenommen werden! Allerdings lautet mein Rat, zunächst gelassen auf die natürlichen Veränderungen, die mit dem Alter einhergehen, zu reagieren. Schläft man mal nicht so gut, ist das kein Grund, gleich nervös zu werden.
Haben Sie noch weitere Tipps?
Schlechte Schläfer sollten Ursachen auf den Grund gehen und sich informieren. Dafür empfehle ich die Webseite des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Charité (https://schlafmedizin.charite.de) und die Seite der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (www.dgsm.de). Oder lesen Sie mein Buch „Deutschland schläft schlecht“. Entspannungstechniken, ein gesunder Lebenswandel, ein ruhiges, dunkles sowie klimatisch unbedenkliches Schlafumfeld und teilweise auch hochdosierte Kräutermischungen, sofern man sie rechtzeitig einsetzt, können für einen besseren Schlaf sorgen. Wer abends sehr früh müde wird, kann mit Licht entgegenwirken. Bei einer schweren chronischen Schlafstörung hat die Schlaftablette ihre Berechtigung. Besser ist es jedoch, eine chronische Schlafstörung im Vorfeld zu verhindern.
Wann sollten Betroffene ärztliche Hilfe suchen?
Am besten, wenn sie merken, dass der Schlaf über einen Zeitraum von drei Monaten nicht mehr gut ist und somit eine Chronische Insomnie droht. Ich empfehle die Konsultation eines Schlafmediziners, allerdings arbeiten die meisten Schlafmediziner in Kliniken und Schlafzentren. Erkundigen Sie sich, ob dort Sprechstunden für die Insomnie angeboten werden. Wenn Sie Glück haben, kennt sich aber auch Ihr Hausarzt oder Facharzt mit Schlafstörungen aus.