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2. Okt 2023

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Gesundheit

Schwangerschaft mit Baustellen

Journalist: Silja Ahlemeyer

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Foto: Omar Lopez/unsplash, Lena Hogekamp

Anna Adamyan leidet schon seit ihrer Jugend an Endometriose. Trotz der erschwerten Bedingungen durfte sie im August 2023 ihren Sohn auf der Welt begrüßen.

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Anna Adamyan, Model, Autorin & Influencerin

Frau Adamyan, aufgrund Ihrer Endometriose haben Sie in den letzten Jahren zehn erfolglose künstliche Befruchtungen und mehrere Fehlgeburten durchgestanden. Wie hat sich die Krankheit dann in Ihrer Schwangerschaft bemerkbar gemacht?
Ehrlich gesagt, kann ich das gar nicht genau benennen, da ich in der Schwangerschaft tatsächlich mehrere Probleme hatte und es sehr schwer zu unterscheiden ist, was davon auf das Konto der Endometriose geht und was einfach „normale“ Schwangerschaftsbeschwerden waren. Ich habe bis Ende der 19. Schwangerschaftswoche sogar noch Medikamente nehmen müssen. Dazu hatte ich eine Symphysenlockerung, das betrifft das Gelenk am Schambein. Aber diese Beschwerden hatten nichts mit der Endometriose zu tun. Es war schon schwer zu differenzieren, was jetzt wovon kommt, da während der Schwangerschaft diverse andere Baustellen auftraten. 

Während der Kinderwunschbehandlung hatte ich sehr viel verdrängt und habe hauptsächlich funktioniert. Als ich dann endlich schwanger war, kam dann viel wieder hoch.

Wie ist die Schwangerschaft insgesamt verlaufen?
Sie war die Erfüllung meines allergrößten Wunsches. Allerdings war die Zeit psychisch schon schwierig, da ich durch die vorangegangenen vier Jahre in intensiver Kinderwunschbehandlung Traumata davongetragen habe. Und ich hatte mich anfangs nicht getraut, darüber zu sprechen, da ich dachte, die meisten hätten sowieso gesagt: „Es ist doch jetzt alles gut, sei doch positiv!“. Und letztendlich ist ja nun auch alles gut. Aber ich bin vier Jahre lang durch meine persönliche Hölle gegangen, und das lässt sich nunmal nicht so einfach weglächlen. Während der Kinderwunschbehandlung hatte ich sehr viel verdrängt und habe hauptsächlich funktioniert. Als ich dann endlich schwanger war, kam dann viel wieder hoch. Das hatte ich so nicht erwartet.

Hatten Sie das Gefühl, aufgrund Ihrer Vorgeschichte vorsichtiger sein zu müssen als andere Schwangere?
Ja, das hatte ich ganz extrem. Ich hatte Angst, dass mein Körper das nicht schafft, hatte mir bei jedem Ziehen schon Sorgen gemacht. Rückblickend muss ich auch sagen: Mein Umfeld hat mich schon ziemlich mit Samthandschuhen angefasst. Mein Mann und meine Mutter beispielsweise sind ja den ganzen Weg durch die Kinderwunschbehandlung mit mir mitgegangen, und da waren die auch extrem vorsichtig. Das war alles superlieb gemeint, hat aber mein Gefühl bestätigt, dass ich zurückhaltend sein müsste. 

Wie stellen Sie sich die nahe Zukunft mit Baby vor? Wie möchten Sie Arbeit und Familie verbinden?
Das lasse ich jetzt auf mich zukommen! Ich werde schon früh viel mit dem Baby allein sein, da mein Mann (der armenische Fußballspieler Sargis Adamyan, Anmerk. d. Red.) mit der Nationalmannschaft unterwegs sein wird. Aber ich bin ja zum Glück selbstständig und kann mir die Zeit frei einteilen, in der ich beispielsweise Kooperationen mache. Da profitiere ich natürlich auch davon, dass wir in einer privilegierten Situation sind. 

Was ist Ihr Rat für Frauen mit Endometriose und Kinderwunsch?
Obwohl ich nur ungern Ratschläge erteile, würde ich sagen, dass jede Betroffene offen darüber sprechen sollte, was los ist und dass sich niemand schämen muss. Jede und jeder darf für sich selbst einstehen. Mehr kann ich nicht sagen.

27. Jun 2025

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Gesundheit

Kleine Firmen, große Wirkung: Wie EBPs die Pharmabranche revolutionieren – mit Dr. Merle Fuchs

![MerleFuchs_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Merle_Fuchs_online_4afdaa8866.jpg) ```Dr. Merle Fuchs (PhD), Managing Partner & CEO, PRAMOMOLECULAR GmbH``` Die USA, Deutschland und die Schweiz bleiben führend bei innovativen, patentgeschützten Medikamenten, während Indien und China den Markt für Generika dominieren. In der Schweiz ist die Pharmaindustrie zum wichtigsten Wachstumsmotor aufgestiegen und steuert mittlerweile rund 5,4 Prozent zum BIP bei – ein mehr als versechsfachter Anteil seit 1990. Deutschland hingegen, einst „Apotheke der Welt“, schafft nur 1 –1,5 Prozent. Zwar sitzen mit Roche und Novartis zwei Schwergewichte in Basel, doch künftig wird die Innovationskraft von Big Pharma zunehmend von Emerging Biopharma Companies (EBPs) geprägt werden. Als EBPs gelten Biopharmaunternehmen mit weniger als 500 Mio. US$ Jahresumsatz, darunter forschende Start-ups ohne Markterlöse. Den Aufbau ihrer Wirkstoffpipeline müssen sie in Deutschland traditionell chronisch unterfinanziert mühsam durch Wagniskapital und Fördermittel finanzieren. Dennoch füllen diese aufstrebenden kleinen Unternehmen die Pipeline: Während 2002 etwa 67 Prozent der Innovationen von Big Pharma kamen, stammten 2022 gut 84 Prozent der Wirkstoffe in frühen und 73 Prozent in späten klinischen Phasen von EBPs. EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen. Agile Strukturen und flache Hierarchien erlauben EBPs schnelle Entscheidungen und effiziente frühe Forschung. PRAMOMOLECULAR ist ein Beispiel: Das präklinische EBP entwickelt Gene-Silencing-Wirkstoffe gegen bislang unbehandelbare Erkrankungen in der Hälfte der Zeit und zu 10 Prozent der Kosten klassischer Programme. Für mehr solcher Erfolge braucht Deutschland exzellente Grundlagenforschung, ausreichend Wagniskapital und Mut, neue Wege zu gehen. Denn nur wer die kleinen „Zwerge“ stark macht, kann die Zukunft der Medizin gestalten. >EBPs sind überdurchschnittlich innovationsgetrieben, nutzen neueste Technologien und konzentrieren sich auf Plattformen wie Gen- oder Zelltherapie, RNA-basierte Verfahren oder Antikörper-Engineering, die Großkonzerne erst nach validen klinischen Daten lizenzieren – und dann für Milliardenbeträge einkaufen.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Gesundheitswende als Schlüsselmoment – mit Dr. Christian Weißenberger

![Portrait_ChristianWeißenberger_2757x3667px_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Portrait_Christian_Weissenberger_2757x3667px_online_5e883d9860.jpg) ```PD Dr. Christian Weißenberger, Spezialist für Strahlentherapie & Palliativmedizin in Freiburg``` Europa und Deutschland stehen an einer Zeitenwende, in der wirtschaftliche Kraft von geopolitischen Spannungen und globalem Wettbewerb unter Druck gerät. Deutschland muss entschlossen handeln, um als Wirtschaftsmotor und Vorbild für Freiheit und Demokratie zu bestehen. Ein zentraler Hebel ist die Modernisierung des Gesundheitssektors. In der Region Freiburg etwa ist der Gesundheitsbereich ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und belegt international mit Mittelständlern wie Herstellern von Hightech-Operationsbesteck seine Innovationskraft. Doch während die Weltmärkte wachsen, schrumpft die Medizintechnik-messe Medica in Düsseldorf: Gewinner orientieren sich zunehmend nach Dubai und in den arabischen Raum. Ursache ist häufig eine kurzsichtige Finanzpolitik hierzulande. Statt in innovative Großgeräte zu investieren, flossen Kürzungen in die sprechende Medizin. Hightech-Einrichtungen erlitten ein Minus von teils über 22 Prozent. Die Folge ist absehbar: finanzielle Engpässe, resignierte Anbieter und Abwanderung ins Ausland. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) steht hier als Symbol verfehlter Gesundheitspolitik. Und trotz des Milliarden-Sondervermögens bleibt Gesundheit unterfinanziert. Dabei haben Deutschland und Europa mit exzellent ausgebildetem Personal und Weltklasse-Krankenhäusern Spitzenbedingungen. Entscheidend ist jetzt die politische Entscheidung, Mittel gezielt in Hightech-Medizin, Ausbildung und Digitalisierung zu stecken – nicht erst nach dem Ernstfall. Digitalisierung bedeutet aber zunächst höhere Kosten für Hardware und Schulung, bevor Effizienzgewinne folgen. Und auch Empathie-Arbeit in Pflegestationen lässt sich nicht digitalisieren: Menschliche Ressourcen bleiben die wertvollste Investition! Hier fordere ich Ehrlichkeit: Wenn optimale Medizin für alle nicht mehr finanzierbar ist, muss man das klar benennen. Nur so lassen sich die richtigen Rezepte finden. Deutschland braucht jetzt nicht nur Visionen, sondern konkrete Schritte und das Budget, um seine Vorreiterrolle zu sichern.