8. Mai 2019
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Gesundheit
Journalist: Chan Sidki-Lundius
Prof. Dr. Burkert Pieske ist einer der führenden Kardiologen Deutschlands. Er engagiert sich für die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten herzkranker Menschen.
Das Herz ist das lebenswichtigste Organ des Menschen. Ein ungesunder Lebenswandel, aber auch Kummer und Sorgen können es krank machen. Prof. Dr. Burkert Pieske hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Menschen mit Herzproblemen erfolgreich zu therapieren. Er ist Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie am Campus Virchow-Klinikum der Charité und außerdem Direktor der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin. „An der Kardiologie fasziniert mich vor allem der zunächst ganzheitliche Zugang zu den Patienten. Die meisten von ihnen können wir mittlerweile sehr gut behandeln. Faszinierend ist der technische Fortschritt in unserem Bereich. Dank High-End-Technologie machen heute minimalinvasive, und damit den Patienten schonende, Eingriffsmethoden viele aufwendige herzchirurgische Eingriffe überflüssig“, sagt er. Wo immer möglich, komme heute die katheterbasierte Behandlung beispielsweise von Herzkranzgefäßen, Herzklappenerkrankungen und Herzanomalien zum Einsatz. Oft können die Patienten schon am Tag nach dem Eingriff das Krankenhaus wieder verlassen. Auch Erweiterungen der Hauptschlagader können minimalinvasiv behandelt werden. Dabei schieben die Operateure einen Katheter über einen kleinen Schnitt in der Leiste bis in die Aorta vor, über den dann eine Gefäßprothese (Stent) an der betroffenen Stelle eingesetzt wird.
Das Leben von Patienten mit einem hohen Risiko für Herzrhythmusstörungen kann ein unter der Brustmuskulatur implantierter Defibrillator (ICD) retten. Dieser erkennt ein Kammerflimmern und unterbricht es durch einen sofortigen Elektroschock. Auch Menschen, die ein Kammerflimmern überlebt haben, erhalten oft einen ICD. „Eine bahnbrechende Entwicklung, die uns neue Türen geöffnet hat“, so Prof. Pieske. Heute wird an Geräten geforscht, die mit viel niedrigeren Stromstärken auskommen. Eine andere spannende Entwicklung ist für den Kardiologen das TAVI-Verfahren. Der katheterbasierte Eingriff wird bei Patienten mit erkrankten Aortenklappen angewendet, wenn ein hohes Operationsrisiko besteht. Bei einer TAVI führt der Arzt die Klappe meist ebenfalls über einen kleinen Schnitt an der Leiste ein, das Herz schlägt während des Eingriffs selbstständig weiter. „Die innovative Methode ist allerdings nicht für alle Patienten geeignet“, gibt Prof. Pieske zu bedenken. „Die interdisziplinären Ärzteteams suchen die hierfür geeigneten Patienten gezielt aus.“ Ebenfalls kathetergestützt sind Ablationen, also millimetergenaue gezielte Verödungen des Herzens in speziellen Regionen. Mit diesem Spezialeingriff lassen sich krankhaft überaktive elektrische Erregungsherde zum Schweigen bringen und hierdurch Herzrhythmusstörungen, wie beispielsweise Vorhofflimmern, beseitigen. Nach einer Ablation kehrt das Herz oft dauerhaft in seinen natürlichen Takt zurück.
„Sehr spannend sind auch die Innovationen in puncto Bildgebung“, bilanziert Prof. Pieske. Die „real time“ 3D-Echokardiographie erlaubt eine dreidimensionale Darstellung des bewegten Herzens oder der Herzklappen in Echtzeit. Damit lassen sich die Ventrikelfunktion und die Dynamik von Herzfehlern genauestens darstellen. Für die Diagnose und die Operationsplanung sei die 3D-Echokardiographie daher unverzichtbar, so Prof. Pieske. Exzellente Bilder des Herzens liefern auch Herz-CTs. Kardiale Königsdisziplin in der Bildgebung ist jedoch die Herz-MRT (Magnetresonanz-Tomographie). Sie ist das einzige Verfahren, das krankhafte Veränderungen des Herzmuskels, beispielsweise Entzündungen, oder Narben im Herzmuskel direkt darstellen kann.
Trotz medizinischer und technischer Fortschritte sowie der Verbesserung der Medikamente ist Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) heute die häufigste Aufnahmediagnose in deutschen Krankenhäusern. Und Herz- und Kreislauferkrankungen sind immer noch die mit Abstand häufigste Todesursache. „Das liegt daran, dass die Menschen immer älter werden und damit das Risiko steigt, an Herz- und Kreislaufstörungen zu erkranken. Grundsätzlich kann es aber auch jüngere Menschen treffen, gerade wenn sie ungesund leben. Aufgrund der massiven Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten konnte die Sterblichkeitsrate in den letzten 20 Jahren jedoch um 50 Prozent reduziert werden“, weiß Prof. Pieske. „Bei aller Euphorie haben wir aber noch einen weiten Weg zu gehen. So gibt es beispielsweise noch keine Möglichkeit, Narben nach einem Herzinfarkt rückgängig zu machen. Und wir können den Verlauf vieler Herzkrankheiten verlangsamen, aber nicht heilen.“ Auch im Bereich der Regenationsforschung gebe es noch viel zu tun – wie auch angesichts der zunehmenden Digitalisierung im Gesundheitswesen: Hier müsse sich die Medizin noch besser aufstellen! Deshalb engagiert sich Pieske unter anderem auch für den Einsatz fahrbarer MRT in ländlichen Regionen.