13. Dez 2024
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Gesundheit
Journalist: Nadine Wagner
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Foto: Romain Virtuel/unsplash
Reisen kann für Menschen mit Behinderung schnell zur Herausforderung werden. Der Grund: Fehlende Barrierefreiheit – sowohl physisch als auch digital und informationell.
Mindestens 13 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer Beeinträchtigung oder Behinderung. In der Altersgruppe der 65- bis 79-Jährigen sind etwa 33,7 Prozent betroffen, in der Altersgruppe ab 80 Jahren ist es bereits jeder Zweite. Im Zuge der Alterung unserer Gesellschaft wird die Zahl der Menschen mit Beeinträchtigungen weiter wachsen, denn mit fortschreitendem Alter nimmt auch die Wahrscheinlichkeit einer Behinderung zu. Derzeit ist etwa jeder zweite Deutsche älter als 45 Jahre, jeder Fünfte ist älter als 65 Jahre. Für die nächsten 20 Jahre wird dementsprechend prognostiziert, dass die Zahl der über 65-Jährigen von momentan 18,7 Mio. um circa sechs Millionen Menschen ansteigen wird.
Barrierefreiheit ist für zehn Prozent der Gesamtbevölkerung also unentbehrlich, für 40 Prozent zumindest hilfreich. Unter anderem deswegen hat die Bundesregierung im Jahre 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben; soziale Inklusion ist somit seither ein konkreter politischer Auftrag. Das bedeutet zum Beispiel, dass an diversen Orten gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Menschen mit Behinderung gleichberechtigte und uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen zu können. Hierzu zählen etwa die Verpflichtung zu räumlicher Barrierefreiheit wie auch das Schaffen barrierearmer Internetseiten mit Texten in Leichter Sprache, Bildbeschreibungen etc.
Zu einer gleichberechtigten Teilhabe gehört darüber hinaus die detaillierte und verlässliche Information über die Nutz- und Erlebbarkeit touristischer Angebote. Die Deutsche Zentrale für Tourismus e. V. (DZT) veranstaltet anlässlich dessen jedes Jahr den „Tag des barrierefreien Tourismus“, wo nationale und internationale Experten Möglichkeiten über die verschiedenen Bedürfnisse von Urlaubern mit Beeinträchtigungen sprechen und aufzeigen, welche Chancen und Herausforderungen dies für touristische Anbieter mit sich bringt. Noch immer fehlt es Ferienregionen, -häusern und Hotels nämlich an rollstuhlgerechten Zuwegungen, einfachen Nachrüstungen, wie etwa Griffen in der Dusche oder aber Wickel- und Ruheräumen für Erwachsene. Und auch Ansagen im Zug oder Bus sind häufig nicht in Leichter Sprache verfügbar. Dabei ist barrierefreier Tourismus eines der wenigen Segmente mit Wachstum und großem ökonomischen Potenzial, allein schon aufgrund des demographischen Wandels.
Das speziell dafür designte ‚Seatrac System‘ soll es Menschen mit Rollstuhl ermöglichen, selbstständig zum Strand zu gelangen und im Meer zu schwimmen.
In puncto Barrierefreiheit beim Reisen kann sich Deutschland insbesondere an Griechenland ein Vorbild nehmen. Insgesamt 287 Strände sollen dort in den kommenden Jahren rollstuhlgerecht werden, um Menschen mit Behinderung und Mobilitätseinschränkungen Zugang zum Strand gewährleisten zu können. Hierzu werden die Strände mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet, also mit Rampen, rollstuhlgerechten Umkleiden und Toiletten sowie eigenen Parkplätzen. Das speziell dafür designte ‚Seatrac System‘ soll es Menschen mit Rollstuhl ermöglichen, selbstständig zum Strand zu gelangen und im Meer zu schwimmen. Hierzulande gibt es seit 2011 u. a. das Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“, welches mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) entwickelt und bundesweit eingeführt wurde. Bereits 2.500 Urlaubs- und Ausflugsziele wurden geprüft und zertifiziert, sodass Reisen für Alle uneingeschränkt möglich ist.