24. Sep 2025
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Gesundheit
Journalist: Thomas Soltau
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Foto: Emil Kalibradov/unsplash
Geldsorgen sind mehr als nur ein Minus auf dem Konto. Sie rauben den Schlaf und belasten unser Denken und Fühlen.
Wer nachts wachliegt und über unbezahlte Rechnungen grübelt, kennt den Druck. Stress, Schlaflosigkeit, Angst oder sogar Depression können folgen. Fachleute sprechen von einem Teufelskreis: Psychische Probleme führen leichter in die Schuldenfalle. Umgekehrt können Schulden seelisch krank machen. In allen Altersgruppen zeigt sich, wie eng Geld und Psyche verwoben sind. Laut einer Umfrage der ING Deutschland aus 2023 geben 55 Prozent der Befragten an, dass Geldsorgen ihre Gesundheit belasten, bei den 18- bis 34-Jährigen sind es 59 Prozent. Psychologen erklären, dass dauerhafte finanzielle Not das Nervensystem reizt, Schlaf raubt und Ängste verstärkt. Körper und Psyche kommen kaum noch zur Ruhe. Dauerstress treibt den Blutdruck nach oben, fördert Verspannungen und kann langfristig Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Langanhaltender Druck mündet nicht selten in Burn-out. Schon die Caritas-Studie der Universität Mainz von 2012 belegte den Zusammenhang: Überschuldung steigert das Risiko für Depressionen und Angststörungen erheblich.
Alle sind betroffen Private Krisen wie Jobverlust, Krankheit oder Trennung können rasch in die Schuldenfalle führen. Doch niemand ist immun. Auch Studierende, Alleinstehende, Familien oder Rentner geraten in Not. Das Statistische Bundesamt meldete 2024 rund 595.000 Personen, die Hilfe bei Schuldnerberatungen suchten. Besonders überrepräsentiert waren Alleinlebende und Alleinerziehende. Rund die Hälfte aller Überschuldeten lebte allein – oft fehlt dann der Rückhalt. In 40 Prozent der überschuldeten Haushalte wachsen Kinder auf. Sie erleben den Druck direkt mit, was wiederum die psychische Entwicklung belasten kann. Laut einer Jugendstudie des Redaktionsnetzwerks Deutschland von 2025 geben 20 Prozent der 14- bis 29-Jährigen an, verschuldet zu sein. Viele berichten zusätzlich von erheblichem Stress und Zukunftsangst.
Teufelskreis Schulden und psychische Probleme verstärken sich gegenseitig. Wer erkrankt, verliert womöglich den Job – die Rechnungen türmen sich. Dauerstress mindert das Selbstwertgefühl, Schuldner ziehen sich häufig zurück. Das Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg stellte 2022 fest, dass überschuldete Menschen ein bis zu dreifach höheres Risiko für Depressionen und Ängste haben. Wer kein soziales Netz hat, rutscht tiefer in einen Kreislauf aus Angst und Hoffnungslosigkeit. Betroffene verlieren das Gefühl, ihre Lage je verbessern zu können. Psychiater weisen darauf hin, dass gerade diese Hoffnungslosigkeit gefährlich wird, weil sie den Blick für Auswege versperrt. Manchmal reicht schon der Gedanke an den nächsten Kontoauszug, um Panikattacken auszulösen.
Auswege und Hilfe Wer Unterstützung annimmt, kann sich befreien und wieder durchatmen. Schuldnerberatungen erstellen Finanzpläne und verhandeln mit Gläubigern. Viele berichten, dass es ihnen nach einer Restschuldbefreiung auch gesundheitlich besser ging. Wichtig ist der Blick nach vorn: Ein Haushaltsplan, gezieltes Sparen und ein Notfallfonds schaffen Sicherheit. Vor allem aber: Scham ablegen. Ein Gespräch mit Beraterinnen und Beratern nimmt oft schon Druck von der Seele. Die Caritas und andere Träger berichten, dass viele Schuldner erleichtert sind, wenn sie merken, dass es Wege aus der Krise gibt und sie nicht allein sind. Auch die Politik reagiert langsam: Das Schuldnerberatungsgesetz soll 2025 reformiert werden, um Wartezeiten zu verkürzen und den Zugang zu Hilfsangeboten zu erleichtern. Damit wird anerkannt, dass finanzielle Stabilität längst auch eine Frage der Gesundheit ist.
Wer Unterstützung annimmt, kann sich befreien und wieder durchatmen.