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29. Sep 2022

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Gesellschaft

Zwischen Innovation und Detailregulierung – bewegte Zeiten im Verpackungssektor

Journalist: Carl Dominik Klepper, Vorsitzender der AGVU (Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt)

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Foto: Presse/ Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt e. V.

In einem Punkt sind sich alle einig: Wir brauchen eine funktionierende Verpackungs-Kreislaufwirtschaft, die Verpackungen als Wertstoffe behandelt, sie immer wieder recycelt und mehrfach nutzt. Die Einigkeit endet allerdings, wenn über den besten Weg dorthin verhandelt wird. Ein Streitpunkt ist die Frage, ob gesetzliche Vorgaben für die Verpackungswirtschaft jedes Detail regeln oder Zielvorgaben vorschreiben sollten, für deren Erreichung Spielräume bestehen.

In die Kategorie Detailregulierung fällt das EU-weite Verbot bestimmter Einwegkunststoffartikel. Begleitet von einem kurzen medialen Aufschrei mussten 2021 Produkte wie Trinkhalme und Einwegbesteck aus dem Handel verschwinden. Die Bilanz dieses Schritts ist jedoch gemischt: Oft wurden die verbannten Produkte durch ökologisch ebenfalls nicht unproblematische Alternativen wie Papiertrinkhalme ersetzt. Zudem haben Mehrweg-Alternativen nur dann eine bessere Ökobilanz, wenn sie tatsächlich viele Male wiederverwendet werden. In der Praxis ist dies längst nicht immer der Fall.

Die Zukunft verspricht weitere strikte Vorgaben, etwa für Hersteller von Einwegkunststoffartikeln wie zum Beispiel beschichtete Kaffeebecher zum Unterwegskonsum. Ab 2025 gilt die Pflicht, in einen Fonds einzuzahlen, der Reinigungs- und Entsorgungskosten decken soll, wenn diese Artikel achtlos in die Umwelt geworfen werden. Verschmutzte öffentliche Räume sind ein Ärgernis, eine Kostentragungspflicht löst aber nicht das Problem der Verschmutzung selbst. 

Noch ein weiteres Projekt setzt bei Kunststoffverpackungen an: die Umlage der „EU-Plastikabgabe“ auf die Industrie. Seit 2021 muss Deutschland einen jährlichen Beitrag an die EU abführen, der sich am Umfang der hierzulande anfallenden nicht-recycelten Kunststoffverpackungen bemisst. Wie dieser Betrag auf die Hersteller umgelegt und wofür er verwendet werden soll, ist nicht geklärt. Eines ist jedoch klar: Wenn die Abgabe zu mehr Recycling führen soll, darf sie nicht im Bundeshaushalt verschwinden, sondern muss konkret zur Förderung innovativer Recyclingtechnologien verwendet werden.

Die Bundesregierung plant zudem einen Fonds, der ein „ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign“ sowie den Einsatz von Recyclingmaterial belohnt. Dieser soll Finanzmittel transferieren, und zwar von Herstellern weniger kreislauforientierter Verpackungen zu Herstellern nachhaltigerer Verpackungslösungen. Für diesen Ansatz spricht, dass er die Innovationskraft und Kreativität der Industrie würdigt und vergütet. Zur Bewertung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen existiert sogar bereits ein entsprechender Standard, der in der Vergangenheit gesetzlich eingefordert und von der Industrie erfolgreich umgesetzt wurde.

An den Beispielen wird der aktuelle Wettstreit zwischen staatlicher Detailregulierung und der Idee von Zielvorgaben mit Spielräumen für die verpflichtete Wirtschaft deutlich. Das Gleichgewicht zwischen beiden Ansätzen muss erhalten bleiben, damit für Markt und Innovation weiter Raum bleibt. Ganz besonders muss ist darauf zu achten, dass kein „Regulierungsdschungel“ mit hohen Bürokratiekosten entsteht. Denn es gibt noch einen Punkt, in dem sich alle einig sind: Ein optimales Ergebnis wären klare, einander ergänzende Vorgaben mit überprüfbarer Wirksamkeit.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.

2. Okt 2025

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Gesellschaft

Lebensmittel sind weit mehr als bloße Konsumgüter – Ein Beitrag von René Püchner, Präsident Lebensmittelverband Deutschland

Sie sind Kultur, Identität, Genuss und Spiegel gesellschaftlicher Vielfalt. Sie vereinen jahrhundertealtes Handwerk mit modernster Technik, globale Lieferketten mit regionalem Bewusstsein, individuelle Lebensstile mit kollektiver Verantwortung. Wer über Lebensmittel spricht, spricht über auch über die Art und Weise, wie wir leben, genießen und gestalten wollen. Unsere aktuellen Umfragedaten zeigen eindrücklich: Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hält Lebensmittelvielfalt für wichtig. Zwischen dem 15. und 18. Juli 2025 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag unseres Verbandes 1.037 Menschen bundesweit. Das Ergebnis: 76 Prozent beurteilen Vielfalt als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Besonders deutlich ist die Haltung bei Jüngeren: 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen betonen, wie essenziell Vielfalt für sie ist. Für 81 Prozent ist sie Ausdruck kultureller Vielfalt, für 78 Prozent integraler Bestandteil moderner Ernährung. Und 77 Prozent probieren gern Gerichte aus anderen Kulturen – ein Ausdruck von Neugier und kulinarischer Offenheit. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll: Vielfalt ist kein Luxus, sondern eine Erwartung. Ein Grundbedürfnis in einer dynamischen, global vernetzten Gesellschaft. Die Lebensmittelwirtschaft trägt Verantwortung, diese Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern aktiv zu gestalten – durch Transparenz, Qualität und Innovation. >Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Mit Blick auf soziale Teilhabe und Integration richtet sich unser Blick auch auf strukturelle Vielfalt. So hat der Lebensmittelverband gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie das „What the Food“-Forum: Diversity in the Food Industry initiiert, das am 18. September 2025 in Berlin stattfand. Unter anderem unter dem Motto „Migration als Erfolgsfaktor in der Lebensmittelbranche“ beleuchteten wir Beiträge von Menschen mit Migrationsgeschichte, diskutierten Chancengleichheit und kulturelle Sensibilität und zeigten, wie Vielfalt gelebt wird und Mehrwert schafft. Die Herausforderungen, vor denen wir in der Lebensmittelwirtschaft stehen, sind durchaus komplex: Klimawandel und Ressourcenschutz erfordern neue Wege in Produktion, Logistik und Verpackung. Der Wunsch nach gezielter Ernährung – sei es vegetarisch, proteinreich, bio oder funktional – wächst. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, beispielweise mit Blick auf Lieferketten, Rückverfolgbarkeit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Transparenz, verlässliche Qualität, klare Informationen. Zugleich wünschen sie Vielfalt, Inspiration und genussvolle Erfahrungen. Diesen hohen Anspruch erfüllen wir. Wir setzen in Produktion, Entwicklung und Kommunikation auf qualitativ hochwertige Zutaten, klimafreundliche Verfahren, ressourcenschonende Verpackungen und kultursensible Ansätze. Als Lebensmittelverband Deutschland verstehen wir uns als Brücke: Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Orientierung durch fundiertes Wissen, begleiten Trends faktenbasiert und fördern den Dialog über die Ernährung von morgen.